Ja, ich bin derzeit nicht auf Föhr, sondern irgendwo im Nirgendwo, in der Nähe von Plön. Hier habe ich eine kleine Hütte bezogen: ohne Heizung, ohne fließendes Wasser, aber trotzdem sehr gemütlich. Bevor ihr euch Sorgen um meine Gesundheit macht: es gibt im Haupthaus die Möglichkeit zum Duschen, dort kann ich auch die Küche mitbenutzen. Und wenn es sehr kalt wird, gibt es ein Gasöfchen - aber das brauche ich noch nicht. Noch reichen Wollsocken und Strickjacken.
Ich bin ohne Verkehrsmittel hier - mit anderen Worten: Fortbewegung nur zu Fuß oder mit Öffis.
Aber das ist genau das, was ich wollte: mal ausprobieren, was ich alles brauche und worauf ich eigentlich verzichten könnte (das heißt nicht, dass ich das tun werde - aber zu wissen, was man wirklich braucht, ist doch eine gute Kenntnis von sich selbst, oder?).
Soweit die Vorreden. Heute morgen auf meinem Spaziergang fand ich diese Schnecke:
Da kriecht sie friedlich über die Straße. Aber seht ihr die Spur, die sie hinterlässt? Man sieht genau, dass die Eichel eigentlich im Weg lag. Die Schnecke hat sich drum herum gewunden und auf der anderen Seite ihren Weg schnurstracks weiter genommen.
Da war die Eichel im Weg - und sie hat sich nicht aus der Spur bringen lassen. Sie hätte ja auch einfach nach rechts abbiegen können, aber nein, sie findet ihren Weg zurück in die ursprüngliche Richtung.
Mich beeindruckt das. Und stellt mich in Frage: wie viele Eicheln lagen mir schon im Weg, und ich bin ausgewichen und von meiner eigentlichen Richtung abgekommen? Die Schnecke geht - kriecht - einfach weiter. Irgend ein Ziel hat sie im Sinn, und kein Hindernis darf sie ablenken.
Auf meinem weiteren Spaziergang musste ich immer wieder an das Gedicht von der Bärenraupe denken, kennt ihr das? Es ist von Rudolf Otto Wiemer
Die Chance der Bärenraupe, über die Strasse zu kommen?
Keine Chance.Sechs Meter Asphalt.
Zwanzig Autos in einer Minute.
Fünf Laster, ein Schlepper, ein Pferdefuhrwerk.
Die Bärenraupe weiß nichts von Autos.
Sie weiß nicht, wie breit der Asphalt ist.
Weiß nichts von Fußgängern, Radfahrern, Mopeds.
Die Bärenraupe weiß nur, dass jenseits Grün wächst.
Herrliches Grün, vermutlich fressbar.
Sie hat Lust auf Grün. Man müsste hinüber.
Keine Chance. Sechs Meter Asphalt..
Sie geht los. Geht los auf Stummelfüßen.
Zwanzig Autos in der Minute.
Geht los ohne Hast. Ohne Furcht. Ohne Taktik.
Fünf Laster. Ein Schlepper. Ein Pferdefuhrwerk.
Geht los und geht und geht und geht und kommt an.
Gelassen weiter, egal wie die Chancen stehen. Ein heimliches Ziel verfolgen. Und nicht zuviel nach Hindernissen und Beängstigendem gucken.
Ganz liebe Grüße aus dem selbstgewählten "Exil"
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