- ich ärgere mich, wenn Leute an der Kasse vordrängeln
- ich ärgere mich, wenn der Zug nicht pünktlich ist
- ich ärgere mich, wenn Radfahrer sich im Straßenverkehr durchdrängeln und damit andere und sich selbst gefährden
- ich ärgere mich über Müll am Strand
- ich ärgere mich über Menschen, die immer nur meckern
- ich ärgere mich über das Wetter, wenn es zu heiß ist
- ich ärgere mich über das Wetter, wenn es zu nass ist
- ich ärgere mich über Kaugummi, das auf den Wegen klebt, anstatt im Mülleimer zu landen
- ich ärgere mich über Hundekot auf der Wiese und noch mehr vor meiner Haustür
- ich ärgere mich über Autofahrer, die so elegant einparken, dass sie zwei Parkplätze belegen
- ich ärgere mich über Zigarettenkippen, die achtlos weggeworfen werden
- ich ärgere mich...
Wir alle stolpern über diese kleinen Alltagsärgernisse, sie liegen uns im Weg wie kleine Steine, an denen sich der Fuß stößt, oder die, noch schlimmer!, in den Schuh rutschen und Blasen verursachen.
Manchmal liegt der Stein einfach im Weg - ich stolpere und gehe gleich weiter.
Aber oft genug hebe ich den Stein, über den ich gestolpert bin, auch auf, denn ich will, dass das aufhört. Ich will mich beschweren gehen!
Moment mal: ich will mich be-schweren.
Ja, eine Beschwerde ist oft die einzige Möglichkeit, einen Missstand zu beenden.
Aber im Wort selbst steckt schon das Problem: der Stein, über den wir gestolpert sind, das kleine Alltagsärgernis - ist auf einmal eine Last. Ich hebe den Stein auf, das Ärgernis und trage es so lange mit mir rum, bis ich es wieder ablegen kann. Ich habe mich damit be-schwert.
Und schon stellt sich die Frage: Lohnt das denn überhaupt?
Wenn ich mir diese ganzen Webseiten, auf denen sich Menschen beschweren, dann schüttele ich den Kopf über so viel Nichtigkeit. Ja, all diese Dinge, die ich am Anfang aufgezählt habe, sie alle ärgern mich. Dennoch sind es ja eigentlich kleine Dinge - warum sollte ich mich damit be-schweren, um mich dann bei wem auch immer beschweren zu können?
Wenn ich zuviel auf mich nehme, dann drückt mich die Last. Mein Leben gerät aus der Balance, ich verliere meine innere Mitte - und wofür? Häufig genug für Nichtiges.
Winston Churchill wird der weise Ausspruch zugesprochen: "Wer mich ärgert, das bestimme ich."
Für mich heißt das, dass ich nicht jeden Stolperstein aufheben muss, an den mein Fuß im Laufe eines Lebens anstößt. Es gibt eben einfach Dinge, die kann ich nicht ändern.
Und es gibt Dinge, die es lohnt zu ändern - dafür lohnt dann auch der persönliche Einsatz, das be-schweren.
Der Evangelist Johannes erzählt uns eine Geschichte, in der Menschen schon Steine aufgehoben haben, um sie auf jemanden zu werfen, der das ihrer Meinung nach verdient hatte.
Es ging um eine Frau, die Ehebruch begangen hatte - in der damaligen Zeit ein schwerer Verstoß gegen das Gesetz, das mit Steinigung bestraft wurde. Früher - und auch heute noch in manchen Staaten wurden Menschen zu Tode gesteinigt. Dies ist eine besonders grausame Art der kollektiven Rache, bei der man solange Steine auf den oder die Verurteilte wirft, bis der Tod eintrat.
Wie gesagt, in der von Johannes überlieferten Geschichte scheinen die Ankläger die Steine schon in der Hand zu halten. Sie waren sich sicher: Ehebruch ist mit Steinigung zu bestrafen.
Das ist barbarisch und grausam. Davon möchten wir heute nichts mehr wissen. Und doch gibt es eine moderne Version der Steinigung. Heute findet sie in den modernen Medien statt - und oft genug beginnt sie mit einem kleinen Ärgernis, wie ich sie vorhin aufgezählt habe. In den Sozialen Netzwerken zeigen Menschen oft ihre unsoziale und unmenschliche Seite. Hier wird mit Worten gesteinigt, es wird verunglimpft und Rufmord begangen.
Wie viele Steine habe ich in meinem Leben schon aufgehoben?
Worüber habe ich mich schon geärgert, und diesen Ärger erst mit mir herumgetragen und dann irgendwann weitergegeben?
Jesus warnt uns in der Geschichte sehr deutlich davor, uns moralisch über andere zu erheben. Seine Antwort auf die Anklage: "Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein."
Und nach und nach schleichen sie alle weg - es ist keiner dabei, der sich für so sündenfrei hält, dass er den ersten Stein werfen mag.
Das "Sich-Aufregen" ist eine menschliche Schwäche, die wir alle haben - da ist mit Sicherheit keiner "ohne Sünde". Wir heben gern die Steine auf, über die wir stolpern. Häufig ist das Sich-Beschweren sogar gut gemeint, wenn wir an all die Alltagsärgernisse denken, die ich zu Beginn aufgezählt habe. Aber bevor ich das nächste Mal meinem Ärger Luft mache, möchte ich erstmal überlegen, ob es lohnt, diesen Stolperstein aufzuheben. Ich muss mich nicht mit den Fehltritten der anderen be-schweren. Jeder von uns weiß das - und doch ist es so schwer, sich danach zu richten.
Das folgende Gebet/Gedicht kennt ihr bestimmt, aber es fasst so schön meine Gedanken zusammen, dass ich es trotzdem hier bringe:
Gott, gib mir Gelassenheit,
Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
Seid lieb gegrüßt von der schönsten Insel der Welt!
Monika |
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