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Mittelbrücke auf Föhr - seit 2023 ist sie leider Geschichte

Samstag, 20. August 2022

Schieflage

Hallo, Ihr Lieben jenseits des Meeres - und auch ihr, hier auf der Insel, in dieser Flaschenpost möchte ich mit euch ein paar unfertige Gedanken teilen - über den schiefen Leuchtturm bei Bremerhaven, über mein Fundament und vielleicht auch über das der Kirche. Wie gesagt: unfertig und nicht zu Ende gedacht - aber das ist eben das, was mich derzeit beschäftigt. 

Habt ihr das mitbekommen: bei Bremerhaven ist ein Leuchtturm in Schieflage geraten.
Das Bild stammt von der Webseite weser-kurier.de
Für viele Bremerhavener gehört dieser Leuchtturm zum Landschaftsbild, er diente lange als wichtige Fahrbahnmarkierung und er steht sogar unter Denkmalschutz. Dass die Mole, auf der er erbaut wurde, marode ist, das scheint schon lange bekannt zu sein - dennoch hat man anscheinend nichts unternommen, um das Wahrzeichen zu retten.

Das sind alles keine von mir erforschten Erkenntnisse. Ich habe den schiefen Leuchtturm in der aktuellen Fernsehberichterstattung gesehen, und mich hat dieses Bild erschreckt.
Ein Seezeichen, das vor Gefahren warnen sollte, gerät selbst in Gefahr - weil man es anscheinend nicht vernünftig gepflegt hat.

Dieser schiefe Leuchtturm ist für mich wie ein Bild unserer Kirche, vielleicht auch für den Glauben an sich.
Es ist doch so: Glauben und Kirche haben kaum noch ein Standing in der Öffentlichkeit. Das Nicht-Glauben ist schon lange salonfähig, wer an Gott glaubt, wird gerne mitleidig belächelt. Weil das kein schönes Gefühl ist, versteckt man seinen Glauben vor der Welt und verzieht sich in die private Innerlichkeit. Damit graben wir aber der Gemeinschaft der Gläubigen, also der Kirche, das Fundament ab - alles gerät in Schieflage und droht einzustürzen. Die Folgen davon sind unsägliche Sparzwänge. An allen Enden wird gespart, vor allem an der Basis, an den Gemeinden. Damit gerät die Gemeinschaft der Gläubigen weiter in Schieflage und ähnelt immer mehr dem Leuchtturm von Bremerhaven.

Jetzt, wo der Leuchtturm derart schief steht, dass man davon redet, ihn abzutragen und evtl. anschließend wieder neu aufzubauen, oder ihn einfach komplett abzureißen - man braucht ihn wohl auch nicht mehr zur Navigation - jetzt outen sich viele Menschen aus Bremerhaven und erzählen davon, wie sehr der Leuchtturm zu ihrem Leben und ihrem Heimatgefühl gehört. Ich hoffe, er lässt sich noch retten. Es würde mich sehr traurig machen, wenn ein weiteres uraltes Seezeichen einfach verfällt. 

Warum ich das schreibe, warum mich das so beschäftigt? Ich kenne den Leuchtturm von Bremerhaven gar nicht persönlich. Aber Leuchttürme sind für mich sowohl wichtige Landmarken der Küste und der Seefahrt, als auch starke Symbole für Führung und Begleitung. Ein Leuchtturm ist für mich wie ein Symbol für Menschen, die für andere Menschen richtungweisend sind. Leuchtturm-Menschen geben Halt und Orientierung in der Lebensfahrt, die ja wirklich oft wie ein Segeln durch Nebel ist. Ohne Orientierung, ohne Ziel und ohne Zwischenziel würde unser Lebensschiff richtungslos auf dem Meer des Lebens dahintrudeln - wer weiß, wo es ankommen wird.
Und jetzt zerfällt das Fundament dieses Leuchtturmes und damit zerfällt der Leuchtturm an sich. Jetzt erst merken wir, wie wichtig dieser Orientierungspunkt in unserem Leben ist.
Wie gesagt, mich erinnert das an Kirche und die Sparmaßnahmen, die die Kirche langsam aber sicher immer weiter aus unseren Lebensgemeinschaften schiebt. Noch sind Kirchtürme wichtige Orientierungspunkte in unseren Dörfern - sowohl in echt, als Landmarken, weil sie gerade hier in Schleswig-Holstein meist über alle anderen Gebäude hinausragen - als auch im übertragenen Sinn. Das schreibe ich nicht, weil ich die Kirche anprangern will. Sie ist mein Arbeitgeber - und ich bin auch gerne Mitarbeiterin in der Kirche. Nein, ich schreibe das, weil mir an diesem schiefen Leuchtturm wieder deutlicher geworden ist, dass das Fundament der Kirche angenagt ist durch den Zahn der Zeit und der Aufklärung. Wie gesagt: Glaube und Gott werden ins Private verlegt, weil das Nicht-Glauben mittlerweile das "normale" geworden ist. Der Zweifel wird kultiviert, wir verlangen nach Gottesbeweisen, wir stellen intelligente Fragen nach seiner Wirksamkeit - und weil sich Gott einfach nicht so in unser menschlich begrenztes Hirn pressen lässt, zweifeln wir sein Dasein komplett an. Dabei gibt es mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als unsere Schulweisheit uns ahnen lässt! Aber lieber verschenken wir Schutzengelchen aus Plastik oder auf Papier, die niedlich anzusehen sind und für ein paar Euro zu kaufen, als dass wir füreinander beten. Ich bete für dich - das sagt man sich nicht. Stattdessen heißt es: ich denke an dich. Das ist nur ein Beispiel dafür. Mich macht das traurig. Mich macht das nachdenklich - kann ich irgendetwas dafür tun, dass das Fundament der Kirche wieder stärker wird?

Wie seht ihr das, ihr Lieben jenseits des Meeres - und natürlich auch ihr, hier auf der Insel? Brauchen wir eigentlich noch Leucht/Kirchtürme? Braucht ihr sie? Ich brauche meinen Kirchturm, ich brauche meine Gemeinschaft mit anderen Glaubenden. Und ihr? Was können wir tun, damit Kirche und Glaube Teile des Lebens bleiben und mehr als nur musealen Wert haben?

Wie gesagt, das sind unfertige Gedanken. Es ist mitten in der Nacht, gerade die dunkelste und stillste Zeit im Tageslauf. Dann fällt es ohnehin schwer, geordnet zu denken und Worte zu finden. Vielleicht mögt ihr eure Meinung dazu sagen und in die Kommentare schreiben? Mich würde interessieren, ob ich alleine bin mit diesen Gedanken.

Seid herzlich gegrüßt
Monika




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