Nein, das ist kein Irrtum, mit Absicht habe ich die Anrede heute andersherum formuliert - denn ich selbst bin derzeit gar nicht auf Föhr, sondern im Urlaub bei meinen Eltern am Niederrhein.
In dieser Flaschenpost versuche ich etwas Ordnung in mein jetziges Gedankenchaos zu bringen. Bei mir geht derzeit wirklich alles drunter und drüber - Dunkelheit macht sich in meiner Seele breit und lässt sich nicht vertreiben.
Warum eigentlich werfen mich Schicksalsschläge so aus der inneren ruhigen Bahn? Warum bringt es mich durcheinander, wenn ich erlebe, dass mein Leben nicht statisch ist, dass der Status quo sich verändert - egal in welche Richtung?
Eigentlich habe ich reichlich Vorbilder für einen kreisförmigen Ablauf:
unser Blutkreislauf sorgt dafür, dass der Körper ständig mit frischem Sauerstoff und mit Nahrung versorgt wird. Das "verbrauchte" Blut wird zum Herzen zurückgeführt und dort wieder aufbereitet, um erneut in den Kreislauf eingeführt zu werden.
Ich erinnere mich an den Wasserkreislauf, der mich schon in der Schule beeindruckt hat: jedes Tröpfchen Wasser durchläuft einen gewissen Prozess, wässert die Erde, wird Grundwasser oder fließt in einem Fluss zum Meer, bis es wieder zu Wasserdampf wird und in Form von Regen erneut wieder in die Wassersysteme unserer Erde eingespeist wird.
Und gerade jetzt im Frühling entdecke ich - wie in jedem Jahr - den Kreislauf der Jahreszeiten, und es beglückt mich, das Aufblühen der Pflanzen zu beobachten. Hier am Niederrhein ist die Natur schon viel weiter als bei uns auf der Insel: die Wälder sind schon mit einem hellen Blätterkleid begrünt, auf dem braunen, leblos erscheinenden Waldboden breiten sich große wunderbar weiße Blütenteppiche aus.
Mein Botaniker-Schwager hat es mir verraten: das ist die große Sternmiere. |
Unsere Welt ist nicht linear, unsere Welt ist kreislaufförmig aufgebaut. Nichts in der Natur ist einfach nur da, nichts vergeht ohne Sinn. Aus dem Sterben der einen Kreatur erwächst das Leben für eine andere. Nach dem langen Winter mit scheinbar toten Bäumen und nackter brauner Walderde erwächst im Frühling neues Leben.
Warum also wirft es mich aus der Bahn, wenn ich entdecke, dass auch mein Leben nicht statisch gleich bleibt?
Ich finde es schade, dass wir in unserer Gesellschaft den Kreislauf des Lebens und Sterbens tabuisiert haben. Es wird einfach nicht darüber geredet, dass unser Leben irgendwann zu Ende sein wird. Mehr noch: das Jungsein an sich ist zu einem erstrebenswerten Zustand geworden, für den wir alles tun. Die Werbung gaukelt uns vor, dass wir mit der richtigen Schmerzsalbe auch als Senioren noch mit den Enkeln herumtollen können oder dass unsere Haut faltenfrei bleibt, wenn wir nur eine Creme mit Q 10 benutzen - was auch immer das ist.
Bitte, versteht mich richtig: verwerflich ist das ja nicht, dass man länger im Leben fit und gesund bleiben möchte. Es ist ja schön, dass es Möglichkeiten gibt, auch im Alter relativ schmerzfrei zu leben.
Aber deshalb muss ich ja doch akzeptieren, dass mein Leben nicht statisch gleich gut bleibt.
Und gerade das zu akzeptieren, fällt mir im Moment schwer.
Mein eigenes Leben, meine eigene innere und äußere Sicherheit wirbelt durcheinander. Momentan scheint bei mir Dunkelheit die Herrschaft übernommen zu haben.
Aber wenn auch unser Leben dem Vorbild der Natur folgt, dann muss ich auch hier Kreisläufe wieder finden:
- auf Dunkel wird Licht folgen
- auf Schwäche folgt Stärke
Folgt dann auch Leben auf Tod?
Normalerweise weiß ich jetzt einen schönen Bibelvers - aber auch diese Gedanken fallen mir heute nicht so einfach zu.
Wenn es so ist, wie bei mir im Moment, dann halte ich mich fest an den ganz einfachen Glaubensgrundsätzen, die ich an meinen fünf Fingern abzählen kann:
Der Herr ist mein Hirte - fünf Worte, eins für jeden Finger.
So einfach - das dunkle Tal muss durchschritten werden. Am Ausgang wartet das Licht. Ich kann es an meinen Fingern abzählen, ob es wahr ist, wird die Erfahrung zeigen!
Möge Gott uns begleiten - als der gute Hirte, der uns weiter führt, als unsere Augen sehen können - durchs dunkle Tal hindurch ins österliche Leben!
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