Wirklich, manchmal wäre ich gern wie sie: mutig, frech, einfach wunderbar. Pippi ist unbekümmert, denn sie ist sowohl körperlich stark als auch so reich, dass sie materiell unabhängig ist. Bei aller Stärke und bei allem finanziellen Vermögen ist sie großzügig und nutzt ihre Kraft eigentlich nie negativ aus.
Ach, wenn man das doch könnte: sich die Welt so zu machen, dass sie mir gut gefällt...
Wie ist eigentlich die Welt von Pippi Langstrumpf? Was ist das Wesentliche an ihrer Welt?
Ich denke, vor allem soll Pippis Welt frei sein. Sie selbst ist frei und unabhängig - wegen ihrer körperlichen Stärke und finanziellen Sicherheit, aber diese Freiheit soll irgendwie auch für alle anderen gelten.
Und so scheut Pippi eben auch nicht davor zurück, mal ein ernsthaftes Wort mit zwei Einbrechern zu reden, oder mit einem Hai, oder auch mit Polizisten, die sich von "besorgten" Bürgern vor den Karren der bürgerlichen Wohlanständigkeit spannen lassen.
So frei ist die Welt für Pippi, dass selbst die unbestechliche Logik der Zahlen von ihr ausgehebelt wird: 2x3 macht 4 - widewidewitt und 3 macht Neune...
Ja, wenn das doch so einfach wäre in unserer Welt. Wenn wir uns doch die Welt so schaffen könnten, dass wir frei und unabhängig, frech und wunderbar und ohne Druck von außen leben könnten!
Aber so ist unsere Welt nicht. In unserer Gesellschaft regieren vor allem Macht, Vermögen und Wissen. Und damit regiert der Konkurrenzkampf um die Vormachtstellung - im Beruf, in Beziehungen. Wer hat das Sagen, wer bestimmt, wo es lang geht? Und wer ordnet sich unter, wer führt aus, was andere bestimmt haben? So ist unsere Welt aufgebaut - und jetzt kommt Pippi Langstrumpf, hebt ein Pferd über das Verandageländer, schläft verkehrt herum im Bett (mit den Füßen auf dem Kopfkissen), verfrachtet Einbrecher auf den Schrank und findet im hohlen Baum Limonade und Schokolade.
Na gut, ein Pferd hochheben kann ich nicht, gegen Einbrecher könnte ich mich nicht wehren und das mit der Limonade scheitert schon daran, dass es bei uns keinen hohlen Baum gibt.
Aber trotzdem: warum eigentlich nicht mal anders sein? Anders reagieren, als man es gewohnt ist - einfach mal was nicht nach Schema F machen?
Mir ist in dieser Woche ein Bibelvers nicht aus dem Sinn gegangen - er stammt von Paulus, der uns ermahnt: "Ist's möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden." (Römer 12, 18)
Diese Aufforderung von Paulus erscheint mir erstmal genau so utopisch, wie der Lebensstil von Pippi Langstrumpf. Wie soll das denn möglich sein - mit allen Menschen Frieden zu halten. Geht doch nicht. Und das fängt ja schon in Familie an: selbst unter den Menschen, die verwandtschaftlich verbunden sind, gibt es Streit und Zwistigkeiten, macht man sich mitunter das Leben gegenseitig richtig schwer. Und ganz schnell sind wir bei der unbezwinglichen Logik der Ereignisse: auf A folgt B. Wenn mir einer dumm kommt, dann schieß ich zurück. Schmeißt du mit Sand, dann nehme ich Kiesel. Das ist das Gesetz dieser Welt. Und wer sich daran nicht hält, der hat oft genug das Nachsehen.
Aber ich muss ja nicht immer das tun, was man von mir erwartet. Ich muss nicht auf jede Aggression auch aggressiv reagieren. Nicht jeden Fehdehandschuh muss ich aufheben und nicht jeden Zankapfel weitergeben. Vielleicht gibt es andere Wege - vielleicht kann ich doch ein Pferd auf die Veranda heben, vielleicht kann ich die unbestechliche Logik der Zahlen und Ereignisse doch aushebeln?
Soviel an euch liegt - so schreibt Paulus. Heißt umgekehrt: nicht immer, aber immer öfter könnte ich mich für Frieden einsetzen - aber ein Duckmäuser muss ich deshalb ja trotzdem nicht sein. Nicht alles muss ich mir gefallen lassen, aber ab und zu könnte ich auch mal zurückstecken, um deeskalierend zu wirken.
Ihr Lieben jenseits des Meeres und auch ihr, hier auf der Insel, wie seht ihr das denn mit der Welt und Pippi Langstrumpf? Seht ihr Möglichkeiten, dass es etwas friedlicher, vielleicht sogar freier bei uns Menschen zugehen könnte? Oder bleiben wir festgefahren in der Reihenfolge der Ereignisse: auf A folgt B...
Heute ist der Samstag vor Ostern - der Tag zwischen Tod und Auferstehung. Welchen besseren Tag könnte man sich aussuchen, um das Unmögliche als möglich zu denken?
Also, ich werde dann doch mal versuchen, ob ich ein Pferd auf die Veranda heben kann!
Liebe Grüße
Monika |
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen