Herzlich Willkommen auf meinem Blog

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Mittelbrücke auf Föhr - seit 2023 ist sie leider Geschichte

Montag, 20. Juli 2020

Huch - wo ist das Licht?

Hallo, Ihr Lieben jenseits des Meeres - und auch ihr, hier auf der Insel, in dieser Flaschenpost möchte ich mit euch eine Andacht teilen, die wir in der letzten Woche in der St. Nicolai-Kirche gefeiert haben.
Die Abendandachten sind ja zur Zeit unsere einzigen Präsenz-Veranstaltungen - alles andere muss nach wie vor online stattfinden.😞
Aber dafür ist die Stimmung in St. Nicolai wie immer wunderbar - die Orgel klingt lebendig und schön (ja, das liegt am Organisten - aber so sagt man doch...).

Das Bild verrät euch schon mal das Thema der Andacht:
Na, habt Ihrs erraten?

Genau: Stell dein Licht nicht unter den Scheffel!

Wir haben das zu Beginn einmal vorgeführt: 
auf dem Taufbecken entzündeten wir eine Kerze – wir erfreuten uns an ihrem Licht. 
Dann haben wir einen Eimer genommen und ihn über die Kerze gestülpt.

Ich kann euch sagen: in der Kirche haben alle - inclusive mir selbst - kurz den Atem angehalten.

Es war natürlich sofort klar, um welches Thema es gehen soll - aber trotzdem: das mal zu sehen, wie das schöne Kerzenlicht einfach unter einem Eimer verschwindet - das war beeindruckend, auch ein bisschen verstörend. Das will man nicht sehen! Das macht ja auch einfach keinen Sinn! Das schöne warme Kerzenlicht – wird einfach unter einem Eimer versteckt. Was soll das denn? Wer macht denn sowas?

Niemand macht so etwas, sagt Jesus. Wir alle kennen diesen Bibelspruch – wenn schon nicht als Bibelzitat, dann aber wenigstens als Sprichwort:

„Es zündet niemand ein Licht an und stellt es unter einen Scheffel.“

Ein Scheffel ist ein Wort, das wir heute nur noch im Zusammenhang mit diesem Sprichwort benutzen. Es ist ein Hohlmaß aus Holz, fasst ungefähr 9 Liter – und entspricht damit in moderner Sprache einem kleinen Putzeimer.

Der Abschnitt aus der Bibel steht im Matthäus-Evangelium:
Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein. Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es allen, die im Hause sind. So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.

In diesem kleinen Bibelabschnitt ist eine Weisheit für das ganze Leben enthalten. Und dabei fängt der Text nicht einmal mit irgendeiner moralischen Aufforderung an, wie z.B.: bemühe dich, ein strahlender sympathischer Mensch zu sein! Sei immer nett zu deinen Mitmenschen! Benimm dich gut! Oder so ähnlich.

Nein, dieser Bibeltext beginnt mit einer Feststellung:

Ihr seid das Licht der Welt. Punkt.

Was mag das bedeuten?

Wie gesagt, das ist eine Feststellung, keine Aufforderung.
Ihr seid das Licht der Welt – das heißt für mich: so, wie du bist – so, wie ich bin – sind wir strahlend und können die Welt bereichern. Das Geheimnis von Menschen, die strahlend und sympathisch ihre Umwelt erobern, liegt darin, dass sie sind, wie sie sind. Sie verbiegen sich nicht. Sie leben authentisch.

Das klingt einfach und leicht: sei wie du bist.

Warum gibt es dann so viele Menschen, die das nicht sind? Warum gibt es so viele Menschen, die ihr Licht unter den Scheffel stellen und ihrer Umwelt eine Rolle vorspielen?

Wenn man diese Redewendung vom „Licht unter dem Scheffel“ googelt und im Internet nach Erklärungen dazu sucht, dann landet man relativ schnell auf Seiten, wo es um Karrierechancen und Bewerbungsstrategien geht. Immer wieder wird hier geraten, „sein Licht nicht unter den Scheffel zu stellen“.
Also auch hier, auf diesen komplett unkirchlichen Seiten, gehen die Ratgeber davon aus, dass jeder ein Licht in sich trägt. Dieses Licht ist das, was den einzelnen von anderen unterscheidet, das Besondere, das Individuelle.

Wer sein Licht unter den Scheffel stellt, der verstellt sich, der zeigt sich nicht so, wie er oder sie eigentlich ist, sondern so, wie man sich denkt, dass das Gegenüber einen sehen möchte.

Jeder möchte Anerkennung und sozialen Erfolg im Leben haben. Wir sind als soziale Wesen geboren – deshalb ist uns wichtig, dass wir in unserer Umgebung anerkannt sind. Für diese Anerkennung sind wir bereit, alles Mögliche zu tun – wir verstellen uns, wir spielen eine Rolle, von der wir meinen, sie würde von uns erwartet.
Unsere eigentlichen Talente und Fähigkeiten werden dadurch oftmals vergraben. Erziehung spielt dabei eine große Rolle. Unsere Vorbilder und Idole prägen uns, ihnen wollen wir nacheifern – vielleicht sogar, obwohl wir selbst ganz anders sind. Die Schule fördert häufig sehr einseitig nur intellektuelle Fähigkeiten. Kinder mit eher musischen, sozialen oder handwerklichen Fähigkeiten fühlen sich dann schnell als Versager – als ganz kleines Licht. Welche heimlichen Fähigkeiten noch in diesem Menschen schlummern, kommt dann häufig gar nicht mehr ans Tageslicht. Das Licht, das in uns strahlen will, ist aber unabhängig von der Beurteilung durch Lehrer, Eltern oder Umgebung. Es ist da – jeder Mensch, der mit sich im Einklang ist, strahlt.

Was bringt dann Menschen dazu, ihr Licht unter den Scheffel zu stellen, und sich anders zu geben, als sie sind?

Ich habe auch das gegoogelt – einige Gedankenanstöße möchte ich hier weitergeben:

  • Die Angst, beneidet und ausgeschlossen zu werden, weil man bestimmte Dinge richtig gut kann – bringt dazu, die eigenen Fähigkeiten bescheiden herunter zu spielen. Ein Beispiel dafür ist der „Streber“-ein wissbegieriges Kind, das einfach interessiert ist an dem, was in der Schule angeboten wird.
  • Die Angst, nicht gut genug im Vergleich zu sein, bringt Menschen dazu, sich zu verstecken und nach außen ein anderes Gesicht zu zeigen, als innerlich brennt. Ein Beispiel dazu könnte der Hobbymusiker sein, der wunderbar für sich zu Hause musiziert – sich aber nie auf irgendeine Bühne traut.
  • Die Angst, Hilfe anzunehmen, verhindert, dass ich meine Fähigkeiten voll ausbauen und nach außen zeigen kann. Hierzu fällt mir als Beispiel der Geiger ein, der nicht gegenüber Orchester-Kollegen verraten möchte, dass er heimlich den Bogenstrich des Kollegen bewundert. Ihm entgeht, dass der bewusste Kollege sein Wissen mit ihm teilt – er könnte lernen vom anderen.
  • Die Angst, die Kontrolle über mein Leben zu verlieren, lässt mich lieber auf ausgetretenen, vermeintlich sicheren Wegen, gehen. Wenn ich auf einmal anfange, mein wahres inneres Ich zu entdecken und diesen Persönlichkeitsanteilen mehr Raum in meinem Leben einräume, dann kann es und wird es vermutlich passieren, dass mein bisher so bequemes Leben nicht mehr ganz dazu passt. Vielleicht brauche ich dann einen anderen Job, eine andere Umgebung o.ä. Das ist ein Abenteuer, das nicht alle Menschen auf sich nehmen wollen und passen sich daher lieber einfach mal an – so wie ein Paar Schuhe, das nicht ganz genau passt: am Ende passen sich die Füße an die Schuhe an. Wir sagen dann: ich habe meine Schuhe eingelaufen.
Mach das alles nicht, sagt Jesus. Niemand zündet ein Licht an und setzt einen Eimer darüber. Das macht doch überhaupt keinen Sinn.

An dieser Stelle haben wir unter den Eimer auf dem Taufbecken geguckt, um zu sehen, was aus dem Licht geworden ist.

Es war erloschen.

Das war zu erwarten. Wer sich selbst ständig unterdrückt, weil die Meinung der anderen anscheinend wichtiger ist, der wird innerlich erlöschen. Von einer strahlenden Persönlichkeit ist dann nicht mehr viel übrig geblieben.

Die gute Nachricht: wir können das Licht (auf jeden Fall unsere Kerze auf dem Taufbecken!) wieder anzünden!

Auch wir können unser erloschenes Licht wieder entzünden. Nicht unbedingt aus eigener Kraft. Manchmal braucht es dazu andere Menschen, die in mir etwas anderes sehen, als ich bisher zeige. Dann springt der Funke über – und ich beginne wieder zu strahlen. Eine passende Aufgabe, ein neues Hobby, ein persönliches Lebensziel – all das kann den Funken in mir anfachen und mich zum Strahlen bringen. Oder es braucht das Wissen, dass zumindest Gott mehr in mir sieht, als den Alltagsmenschen mit all den Rollen, in die ich mich einfügen muss.

Gott sieht mehr in uns als unsere Mitmenschen und wir selbst mit unserem überkritischen Blick: ihr seid das Licht der Welt. So, wie du bist, bist du schön und strahlend.

Was folgt daraus?

Die Webseiten, von denen ich gesprochen habe, versprechen ganz schnell: du wirst Erfolg im Beruf haben, dein Leben wird erfolgreich sein, eine dieser Webseiten versteigt sich sogar darin, zu behaupten: du wirst reich werden.

Naja. Ganz so vermutlich nicht. Das erscheint mir übertrieben positivistisch.

Aber: wenn du bist, wie du bist, wirst du automatisch leuchten – das heißt: deine Umwelt wird dich zur Kenntnis nehmen. Es wird sich etwas verändern im Leben. Du wirst nicht mehr anonym als graues Mäuschen durch die Welt huschen – du wirst sichtbar werden.

Und wer sichtbar ist, der wird gefunden werden, z.B. bei der Partnersuche. Was macht es für einen Sinn, wenn ich mich als jemand anderer darstelle, als ich wirklich bin – ich werde dann nicht den Partner finden, der zu mir passt. Oder bei der Jobsuche: warum sollte ich dem Personalchef beim Vorstellungsgespräch einen anderen Menschen vorspielen, als ich bin. Ich würde aufgrund falscher Tatsachen eingestellt werden (oder auch abgelehnt) – und ab dann müsste ich dauerhaft diese Rolle spielen.

Wenn ich aber bin, wer ich bin, meinen Mitmenschen nichts vorgaukle, dann finden mich diejenigen, die zu mir passen, und ich kann die zu mir passenden Menschen finden.

Das gilt übrigens auch bei religiösen oder anderen Überzeugungen: es macht keinen Sinn, zu verbergen, was man glaubt oder denkt. Im Gegenteil: wer dieses Licht mit anderen teilt, wer es eben nicht unter den Scheffel stellt, der wird zum Beispiel, zum Leuchtturm auch für andere Menschen.

Die Stadt, die auf einem Berge liegt, kann nicht verborgen bleiben. Die Kerze auf dem Leuchter leuchtet allen im Haus.

Jesus verrät uns auch noch den Zweck dieses Leuchtens: So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.

Auch hier wieder: zuerst das Licht – dann die guten Werke. Wir sind ja als kirchlich orientierte Menschen ganz schnell dabei, das umgekehrt zu sehen: wer sich gut verhält, wer gute Werke tut, der ist wie ein Licht der Welt. Das mag sein – aber hier ist es wirklich umgekehrt: erst Licht sein – und damit leuchtend und sichtbar und authentisch – und dann kommen die guten Werke als logische Folge daraus.

Und der eigentliche Zweck ist: wir werden dann wie ein Leuchtturm ein Hinweis sein, der zu Gott zeigt.


Meine Hoffnung ist, dass meine Gedanken den einen oder die andere erreichen und hilfreich sind - nicht im Sinne davon, dass ich unbedingt Recht hätte - das habe ich sicher nicht! Aber durchaus im Sinne von: denk mal drüber nach. Eine An-Dacht kann ja sowieso nur zum Selber-Denken anregen!

Vielleicht mögt ihr mir eine Nachricht schicken, welche Gedanken euch zum Licht unterm Scheffel kommen!



Ich grüße euch herzlich - vielleicht sehen wir uns in den nächsten Wochen ja am Mittwoch Abend um 21 Uhr in der St. Nicolai-Kirche in Boldixum auf Föhr. 

Bis dahin: seid behütet und bleibt gesund - und vergesst das Leuchten nicht - dafür seid ihr gemacht

Eure Monika vom Treffpunkt Urlauberseelsorge

2 Kommentare:

  1. Hallo Monika,
    die Andacht vom "Licht unter den Scheffel stellen" hat mich sehr angesprochen. In früheren Jahren habe ich oft die graue Maus gespielt und habe mich dann in mein Mauseloch verkrochen. Doch heute kann es passieren, dass ich mich vor hunderten von Zuschauern auf den Sandwall hinstelle und die Gutenachtgeschichre erzähle. Es freut mich auf diesem Weg mit der Flaschepost an deinen Projekten Anteil zu nehmen.
    Liebe Grüße
    Ludger Pötter aus Haltern am See

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    1. Hallo Ludger, dass du mal ein graues Mäuschen gewesen sein sollst, mag ich gar nicht glauben! Mit Vergnügen haben wir alle deine Geschichten gehört! Ich erinnere mich noch gut an Bruno, den Bären...
      Hoffentlich dürfen wir im nächsten Jahr wieder Gute-Nacht-Geschichten miteinander erleben. Es fehlt so sehr!

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