Hallo, Ihr Lieben jenseits des Meeres - und auch ihr, hier auf der Insel, in dieser Flaschenpost teile ich euch meine Gedanken zum Jahresmotto unseres Kirchenkreises:
Dazu habe ich für den Neujahrsgottesdienst eine Predigt geschrieben:
Wir feiern Neujahr – mitten in der letzten Nacht ist das alte Jahr zu Ende gegangen, vor uns liegt ein neues Jahr – zwölf neue Monate, die darauf warten, von uns gelebt zu werden.
Wir wissen nicht, was uns erwartet. Wie wissen nicht, was kommen wird. Natürlich machen wir Pläne, oder haben sie schon gemacht: wir planen, wann wir Urlaub nehmen, welches Urlaubsziel wir anvisieren, wir planen, welche Besuche oder größeren Feste in diesem Jahr anstehen werden.
All das haben wir vermutlich schon längst geplant, die neuen Kalender mit den leeren Seiten gibt es schon seit ungefähr Mitte September zu kaufen, damit wir in unserer Geschäftigkeit auch nicht einen einzigen Moment unterbrochen werden müssen.
Heute nun ist dieser eine besondere Tag, heute beginnt das neue Jahr. Und auch, wenn es vermutlich schon ziemlich weit verplant ist – dies ist der Moment, in dem wir uns auf dieses neue Jahr einstellen und vorbereiten können.
Was wird das neue Jahr bringen? Leben oder Tod? Gesundheit oder Krankheit? Krieg oder Frieden? Erfolg oder Scheitern? Wir wissen es nicht. Noch liegen die zwölf Monate vor uns, unbeschrieben wie leere Papierblätter.
Der Neujahrstag ist kein Tag wie jeder andere – es ist ein besonderer Tag, an dem wir uns besondere Gedanken machen. Neujahrsvorsätze sind weit verbreitet – das Gefühl, ich darf nochmal neu anfangen, ist am Neujahrstag besonders stark. Auf der anderen Seite ist es aber ein Tag wie jeder andere auch – die Unterbrechung des Alltäglichen ist eigentlich nur in unseren Gedanken vorhanden.
Wie schauen Sie auf das Neue Jahr, mit welchen Gefühlen und Gedanken beginnt ihr das Neue Jahr?
- Überwiegt eher die Sorge? Befürchten Sie schlimme Erlebnisse?
- Oder überwiegt eher die Vorfreude?
- Freuen Sie sich auf schöne Momente?
Mir geht seit Anfang Dezember das Jahresmotto unseres Kirchenkreises nicht aus dem Kopf: Werfet euer Vertrauen nicht weg – so lautet es und fordert mich auf, voller Zuversicht und Vertrauen in die Zukunft zu schauen.
Was ist eigentlich Vertrauen?
Mir fallen viele ähnliche Worte ein: Vertrauen, Zutrauen, sich trauen, die Trauung, zutraulich, vertraulich, Misstrauen, vertrauensbildend, vertrauenerweckend, vertrauenswürdig. Jemanden betrauen mit einer Aufgabe, anvertrauen, hinaustrauen, heimtrauen.
Trauung, Trauschein, Trauzeuge.
Misstrauensantrag.
Traute haben.
Trautes Heim, Glück allein.
Vertrauensbasis, Vertrauensbeweis, Vertrauensperson, Vertrauensvorschuss.
Du bist zu vertrauensselig.
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.
Trau dich doch!
Das Wort Vertrauen geht auf das gotische trauan zurück, es gehört zu der Wortgruppe um „treu“, was soviel wie stark, fest, dick bedeutet.
Vertrauen ist ein Phänomen, das in unsicheren Situationen auftritt. Wer sich einer Sache sicher sein kann, braucht ja kein Vertrauen. Vertrauen benötigt eine Grundlage, die Vertrauensgrundlage. Das könnten z.B. Erfahrungen sein. Wenn ich immer erlebt habe, dass der Bus pünktlich kommt, dann werde ich auch am kalten Morgen kurz vor planmäßiger Ankunft des Busses nicht verzweifeln, sondern mich darauf freuen, dass er gleich um die Ecke biegen wird und meinem Warten ein Ende macht. Ich kann darauf vertrauen, dass der Bus kommt, weil ich es schon oft selbst erlebt habe. Mein Vertrauen stützt sich auf meine Erfahrung.
Vertrauen kann auch entstehen, wo mir jemand von seinen Erfahrungen erzählt. Das erlebte Vertrauen der anderen Person kann sich auf mich übertragen. Im Beispiel mit dem Bus könnte es sein, dass mit mir an der Bushaltestelle jemand steht, der täglich mit diesem Bus zur Arbeit fährt. Wenn dieser Mensch beobachtet, wie ich immer wieder nervös nach dem Bus Ausschau halte, wie ich auf die Uhr gucke und zum wiederholten Mal den Fahrplan checke, dann könnte er mir erzählen, dass genau diese Buslinie eigentlich immer pünktlich kommt.
Jemandem sein ganzes Vertrauen zu schenken, kann sehr aufregend sein, z.B. das Vertrauen, das ein kleines Kind seinem Vater schenk, wenn es von oben herab in die ausgebreiteten Arme springt. Für beide ist dieses Erlebnis aufregend und schön – für das Kind, wenn es bemerkt, dass sein Vertrauen berechtigt war und es vom Vater aufgefangen wird – und natürlich für den Vater, dem das Vertrauen entgegengebracht wird, und der nun seinerseits alles daran setzt, dieses Vertrauen nicht zu enttäuschen.
Wie schon gesagt, unser Kirchenkreis hat den Bibelvers zum Jahresmotto für dieses Kirchenjahr ausgerufen: Werfet euer Vertrauen nicht weg (Hebr. 10, 35), (welches eine große Belohnung hat.)
Dazu gibt es ein Logo, über das man lange meditieren kann, und immer wieder wird man neues entdecken.
Mein erster Gedanke, als ich dieses Logo gesehen hatte, war: eine Kugel – vielleicht unsere Erde – ruht auf einer Hand. Gott hält uns fest – auch in diesen unsicheren Zeiten der Kriege und der Klimaveränderung. Wir können nicht tiefer fallen als in Gottes Hand.
Mein Zweiter Gedanke war: da steht ja eine Person auf dieser Hand. Ich erkenne den Kopf, die Arme sind ausgebreitet, wie zum Segnen. Sicher und fest sieht das aus, diese Person zeigt keine Unsicherheit. Von Gott getragen und gestützt, kann sie weitergeben, was sie von ihm empfangen hat – den Segen. Für mich wird das symbolisiert durch die drei kleinen Sternchen, die glitzernd und funkelnd aus der segnenden Hand erstrahlen.
Je länger ich das Bild anschaue, desto mehr entdecke ich. Ist das vielleicht gar keine Person, die da von der großen Hand gehalten wird? Es sieht eigentlich auch aus wie ein Schiff. Der Mast ragt an der linken Seite nach oben und weist zum Himmel. Dann sind die 3 Sterne am oberen Bildrand vielleicht die Orientierungspunkte am Nachthimmel. Wenn man nichts mehr sehen kann, wenn der Weg unsicher wird, dann helfen uns die Gestirne bei der Orientierung. Es sind genau 3 Sterne – vielleicht eine Andeutung auf den dreieinigen Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist? Sicherer als alle Sterne und als jedes GPS kann uns Gott den Weg durch die Zeit zeigen.
Das Boot, das andeutungsweise zu erkennen ist, erinnert an die Geschichten, die wir schon im Kindergottesdienst gehört haben: von der Seenot der Jünger, die mit dem Schiff unterwegs waren, als sich ein großer Sturm erhob, von Jesus, der mitten im Sturm ruhig und sicher schläft und erst von den Jüngern aufgeweckt werden muss. Nachdem Jesus den Sturm beruhigt hatte, fragte er die Jünger: Wo ist euer Glaube?
Die Frage war ja berechtigt, denn die Jünger waren ja nicht allein im Boot – Jesus war ja da, auch wenn er gerade mal geschlafen hatte. Gleichzeitig ist da immer noch die Hand, die das Boot trägt – was schadet ein Seesturm, was schadet ein Schiffbruch, wenn Gott das Meer ist? So könnte man fragen.
Einen dritten Gedanken zu diesem Logo möchte ich noch loswerden: das obere Kreissegment – in dem der Kopf der Person abgebildet ist, erinnert in der Form an ein Auge. Mit dieser Wahrnehmung entdecke ich, dass einerseits Gottes Hand mich, mein Lebensschiff, die ganze Welt hält und trägt, andererseits aber auch, dass Gott mich sieht, mein Lebensschiff, meine Fahrt durch das Meer der Zeit, das Treiben auf dieser Welt, ja, die ganze Welt. Mehr noch: Gottes Auge und Gottes Hand vervollständigen den Kreis – sie sind nicht außerhalb der Welt, sie sind Teil des Ganzen.
Werft euer Vertrauen nicht weg. Was für ein schönes Motto für das vor uns liegende Jahr. Ohne Vertrauen sieht die Zukunft düster aus. Ohne Vertrauen könnten wir keinen einzigen Schritt tun. Aber weil Gott uns sieht und hält, können wir voll Vertrauen in dieses Jahr gehen – und gelassen abwarten, was es uns bringen wird.
Geht gesegnet in dieses niegel-nagel-neue Jahr!
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Monika |