Es war einmal...
... ein kleiner Baumwollfaden, der war mit sich und der Welt unzufrieden. Er hatte Angst, dass es mit ihm einfach zu nichts reichts, so wie er war: "Für ein Schiffstau bin ich viel zu schwach", sagte er sich, "und für einen Pullover zu kurz - und um an andere anzuknüpfen, dazu habe ich zu viele Hemmungen. Für eine Stickerei eigne ich mich auch nicht, denn dazu bin ich zu blass und zu farblos. Ja, wenn ich aus Seide wäre, dann könnte ich eine Stola verzieren oder ein Kleid. Aber so? Es reicht einfach zu nichts. Was kann ich schon? Niemand braucht mich. Niemand mag mich. Und ich mag mich selbst am allerwenigsten." So sprach der kleine Baumwollfaden, und dann legte er sich traurige Musik auf und fühlte sich ganz niedergeschlagen in seinem Selbstmitleid.
Es war einmal...
... ein Mose.
Wir alle kennen ihn als großen Führer des israelischen Volkes, als denjenigen, der das Rote Meer in der Mitte durchteilte, damit das Volk Israel dem ägyptischen Pharao entkommen konnte. Wir kennen Mose als den Fürsprecher für sein Volk, wann immer Unzufriedenheit und Unmut aufkommen wollten. Immer hatte er ein offenes Ohr für die Probleme seiner Leute, immer und immer wieder trat er mit diesen Problemen von Gott und erbat und erhielt erfolgreiche Lösungsstrategien.
Es war einmal ein Mose,
an den wurden so viele Probleme herangetragen, dass er schier nicht wusste, wie er sie alle bearbeiten sollte. Das Volk murrte und klagte mal wieder, beschwerte sich über das Essen, über die lange Wanderung, über die Frage nach dem Ziel dieser Wanderung und über Wer-weiß-was-noch-alles.
Es war einmal ein Mose,
der war schlicht und ergreifend überfordert und erschöpft.
Und so suchte er - wie schon so oft - das Gespräch mit seinem Gott:
"Warum bekümmerst du deinen Knecht? ich vermag all das Volk nicht allein zu tragen, denn es ist mir zu schwer. Willst du aber doch so mit mir tun, so töte mich lieber, wenn anders ich Gnade vor deinen Augen gefunden habe, damit ich nicht mein Unglück sehen muss." (4. Mose 11, 11; 14-15)
Und was hat das nun miteinander und mit mir zu tun?
Der kleine Baumwollfaden und Mose haben etwas gemeinsam: sie wollen oder können einfach nicht mehr.
Der Baumwollfaden, weil er sich nutzlos fühlt und keinen Sinn darin sieht, wie er ist.
Mose, weil er sich überfordert fühlt, und keinen Sinn mehr darin sieht, all die vielen immer wiederkehrenden Aufgaben und Probleme zu bearbeiten.
Beide sind - aus unterschiedlichen Gründen - verzweifelt, kurz vor dem Zusammenbruch. Mit unserem heutigen Vokabular: knapp vor dem Burnout.
Kennt ihr solche Phasen aus eurem Leben?
Mit geht es immer mal wieder so - wenn die Aufgaben sich als größer erweisen, als ich sie mir vorgestellt habe, wenn Anforderungen immer mehr werden in Beruf und Familie, wenn immer wieder dieselben Fragen und Probleme auftauchen, die mich schon seit 30 Jahren begleiten und beschäftigen. Und dabei ist es bei mir häufig das alltägliche Einerlei, die Nichtigkeit und dabei die schiere Menge an kleinen, relativ unwichtigen Aufgaben, die mir den Atem raubt und mich unfähig macht, überhaupt auch nur irgend etwas zu unternehmen.
So löst Gott Moses Problem:
Und der Herr sprach zu Mose: Sammle mir siebzig Männer unter den Ältesten Israels, von denen du weißt, dass sie Älteste im Volk und seine Amtsleute sind, und nimm sie vor die Stiftshütte und stelle sie dort vor dich. So will ich herniederkommen und mit dir dort reden und von dem Geist, den ich dir gegeben habe, einen Teil nehmen und auf sie legen. Dann können sie die Verantwortung für das Volk mit dir teilen, und du brauchst die Last nicht mehr allein zu tragen. (4. Mose 11, 16-17)
Und so löst sich das Problem des kleinen Baumwollfadens:
Da klopfte ein Klümpchen Wachs an seine Tür und sagte: "Lass dich doch nicht so hängen, Baumwollfaden. Ich weiß etwas. Ich habe da eine Idee: wir beide tun uns zusammen! Für eine lange Osterkerze bist du zwar als Docht zu kurz, und ich habe nicht genug Wachs dafür. Aber für ein Teelicht reicht es allemal! Das wärmt und macht ein bisschen heller. Es ist besser, ein kleines Licht anzuzünden, als immer nur im Dunkeln zu sitzen, zu schimpfen und zu jammern!"
Da war der Baumwollfaden ganz glücklich, tat sich mit dem Klümpchen Wachs zusammen und sagte: "Nun hat mein Dasein doch einen Sinn bekommen!"
Möge Gott euch Freunde schenken, die euch helfen, wenn ihr zu viele Aufgaben habt, möge Gott euch ein Klümpchen Wachs senden, um euch zu zeigen, dass jedes noch so kleine Licht, das wir anzünden, besser ist, als zu Jammern und vor Erschöpfung oder Zukunftsangst gelähmt zu bleiben.
Es grüßt herzlich von der schönsten Insel der Welt, derzeit gerade erschöpft, aber nicht entmutigt und voller Freude auf die Zukunft:
Monika |
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