Sag mir, dass dieser Ort hier sicher ist
und alles Gute steht hier still,
und dass das Wort, das du mir heute gibst,
morgen noch genauso gilt.
Diese Welt ist schnell und hat verlernt, beständig zu sein,
denn Versuchungen setzen ihre Frist.
Doch bitte, schwör, dass, wenn ich wieder komm,
alles noch beim Alten ist.
Gib mir ‘n kleines bisschen Sicherheit
in einer Welt, in der nichts sicher scheint
und gib mir in dieser schnellen Zeit
irgendwas, das bleibt.
Und gib mir einfach nur ‘n bisschen Halt.
Und wieg mich einfach nur in Sicherheit.
Hol mich aus dieser schnellen Zeit,
nimm mir ein bisschen Geschwindigkeit.
Gib mir was, irgendwas, das bleibt.
Was ist eigentlich sicher?
Woran halte ich mich fest – und wer hält mich?Gerade in dieser Zeit, in der eine Krankheit namens Corona unser gesamtes Leben bestimmt, fühle ich Unsicherheit – in Bezug auf das, was erlaubt oder verboten ist, denn das ändert sich alle paar Wochen durch eine neue Landesverordnung. In jedem Bundesland gelten andere Regeln, sogar in jedem Kreis kann es unterschiedlich sein – je nachdem, was die jeweiligen Gesundheitsämter anordnen oder verbieten. Mein natürliches Rechtsempfinden ist verunsichert.
Dazu kommen die Unsicherheiten durch mangelnden Kontakt zu anderen Menschen. Eine gewisse Scheu vor nahem Körperkontakt ist mittlerweile schon in unser Alltagsempfinden übergegangen. Durch die Masken kann ich keine Gesichter erkennen – ich bin unsicher, wen ich vor mir habe, und ob ich seine Gedanken richtig einordne, und Gesagtes hören und verstehen kann ich auch schlechter. Ich bin unsicher, weil ich mich nicht anstecken möchte, weil ich Angst vor der Krankheit habe.
Das Leben in all seinen Facetten ist und bleibt gefährdet und zerbrechlich, das empfinde ich vor allem jetzt in dieser Zeit.
Ich kann die Band Silbermond gut verstehen, dass sie dem Bedürfnis nach Halt und Sicherheit einen ganzen Song widmet.
Wo finde ich Sicherheit?
Wer diese Frage in einer Kirche stellt, bekommt ganz schnell eine fromme Antwort: natürlich finde ich Sicherheit bei Gott, in der Gemeinschaft der Christen, in der Kirche, im Glauben.Das ist ganz bestimmt richtig – geht mir aber gerade noch zu schnell und zu kurz, denn irgendwie habe ich das Gefühl, zu den schönen Worten muss noch ein bisschen was mehr kommen. Gerade von glaubenden Menschen wird oft erzählt, dass sie materielle Sicherheit aufgeben, um sich einem ungewissen Schicksal zu stellen. Da ist z.B. Abraham, der seine gesicherte Existenz aufgibt und mit Sara in ein fremdes Land zieht, obwohl er schon im Seniorenalter ist.
Oder da ist Mose, der ein ganzes Volk in die Wüste führt – ohne vernünftige Ausrüstung, ohne Proviant, ohne Vorbereitung, sogar ohne ein festes Ziel vor Augen – es geht in ein Land, das Gott ihm zeigen will. Von Sicherheit ist da wenig zu spüren.
Und auch aus dem neueren Teil der Bibel kennen wir die Geschichten, z.B. von Paulus, der eigentlich ein gesichertes normales Leben vor sich hatte, als ein Erlebnis ihn in eine völlig andere Richtung bringt. Von da an wird er zum Prediger eines neuen Glaubens – er wird verfolgt, ins Gefängnis geworfen, er wird gefoltert, erleidet Schiffbruch und wird vermutlich im Rahmen der Christenverfolgungen in Rom hingerichtet. Wahrlich kein sicheres Leben!
Und ich? Ich sehne mich nach Sicherheit und Beständigkeit. Ich mag mein normales bürgerliches Leben – und so eine Pandemie-Zeit, die mein ganzes bisheriges Arbeiten in Frage stellt, wirft mich mindestens psychisch aus der Bahn und stellt meine Existenz in Frage.
Wo also finden wir Sicherheit?
Ich habe ein wenig im Internet geforscht und etliche Theologen gefunden, die einen Unterschied machen zwischen Sicherheit und Gewissheit.
Dabei ist Sicherheit eine Situation, in der ein Mensch überzeugt ist, alles so beherrschen und bestimmen zu können, dass er oder sie quasi unverwundbar ist. Das ist bei der Gewissheit gerade nicht der Fall. Wer sich einer Sache oder Person gewiss ist, der beherrscht oder bestimmt nichts. Der wird in seiner Gewissheit und Zuversicht eher bestimmt und beherrscht. Sicherheit beruht dabei auf dem Einsatz dessen der die Sicherheit sucht, während Gewissheit eher in der Persönlichkeit des anderen liegt und für mich nicht verfügbar ist. Im Gegensatz zu Sicherheit kann ich zur Gewissheit eigentlich nichts beisteuern.
Ein Beispiel:
wenn zwei Menschen sich lieben – dann ist das ein wunderbarer Zustand, den wir möglichst lange erhalten wollen.Wenn ich dann allerdings versuche, den geliebten Menschen ganz sicher an mich zu binden, dann geht das häufig schief. Denn dann versuche ich, den anderen an mich zu ketten, ihn bei mir zu halten. Das endet ganz oft mit Eifersucht, Herrschsucht, führt zum Streit und letztlich zur Trennung. Viele Eltern erleben das schmerzlich, wenn die Abnabelung der Kinder vom Elternhaus nicht gut gelingt, sondern unter Streit und Unversöhnlichkeit geschieht.
Wer sich dagegen der Liebe des anderen gewiss ist, der vertraut auf die Freiwilligkeit des Zusammenseins. Wenn ich mir der Liebe des anderen gewiss bin, kann ich ihm seine eigenen Entscheidungen zugestehen, der andere darf sich auch von mir entfernen und eigene Wege gehen – denn er wird ja wieder zu mir zurückkommen.
In Sicherheit bin ich dadurch gerade nicht, sondern im Gegenteil sehr verletzlich und gefährdet. Denn meine Gewissheit über die Liebe ist anfechtbar – mich wird es umhauen, wenn ich ihr Ende erleben muss. Dagegen machen kann ich nichts. Oder nur sehr wenig. Und dennoch gibt es diese Menschen, deren Liebe ich gewiss bin – und umgekehrt. Obwohl ich mich nach Sicherheit und Beständigkeit sehne, will ich auf diese Liebe nicht verzichten, die mich verletzbar und gleichzeitig stark macht.
Unsere Liebe, die auf Gewissheit basiert, ist immer angefochten. Ebenso basiert unser Glaube auf Gewissheit. Auf der Gewissheit, dass Gott uns Menschen liebt – unverständlich, unverfügbar für mich. Gott lässt sich nicht in irgendein Schema pressen – er lässt sich in keinen Dienst stellen. Er ist da – er begleitet – nicht, weil ich ihn an mich binden könnte, sondern weil er das so will. Gott hat sich entschieden, die Menschen zu lieben – das ist merkwürdig, unverständlich, gegen jede Vernunft – und dabei ganz wunderbar und zauberhaft.
Wir finden Sicherheit bei Gott
Jetzt sind wir doch an dem Punkt angelangt. Wir finden Sicherheit bei Gott. Aber warum? Nicht, weil ich eine so gute oder treue Gläubige bin, oder weil mein religiöses Empfinden so groß wäre, oder weil ich so super in der Theologie Bescheid weiß – das ist alles sicherlich nicht der Grund für Sicherheit in Gott.
Sondern weil Gott so ist, wie er eben ist.
Ich bin, der ich bin. Ich werde sein, der ich sein werde – so stellt sich Gott selbst vor, als er Mose begegnet. (2. Mose 3, 14) All meine Sicherheit im Glauben ist mehr als ein frommes Wort – sie gründet sich allein auf die Zuverlässigkeit dieses Gottes, der merkwürdigerweise entschieden hat, uns Menschen zu lieben und zu begleiten.- und das, obwohl wir sind, wie wir sind
- obwohl wir nach Freiheit streben und eigene Entscheidungen treffen wollen
- obwohl er nicht wie ein Übervater oder Hubschrauber-Mutti alles ausbügelt, was wir im menschlichen Überschwang falsch machen
- obwohl wir zweifeln und nach Gottesbeweisen suchen.
Das ist wunderbar – und viel mehr als bloße materielle oder existentielle Sicherheit. Das ist die Gewissheit, die Paulus dazu bringt, einen meiner Lieblingssätze in der Bibel zu schreiben:
Denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch irgendeine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn. (Römer 8, 38)
Ja, Ihr Lieben jenseits des Meeres, und auch ihr, hier auf unserer schönen Insel - wir könnten den Text von Silbermond jetzt als Gebet sprechen - denn nun ist klar, wo wir den Halt finden können, nach dem wir uns sehnen!
Monika |
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