Herzlich Willkommen auf meinem Blog

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Mittelbrücke auf Föhr - seit 2023 ist sie leider Geschichte

Samstag, 17. April 2021

Noch mehr Gitarren-Weisheit!

Hallo, Ihr Lieben jenseits des Meeres – und auch ihr, hier auf der Insel, in der letzten Flaschenpost-Andacht habe ich euch von meiner Gitarren-g-Saite erzählt. Sie wollte einfach nicht aus ihrer Packung rauskommen…

Aber am Ende hat sie sich doch dazu überreden lassen, ihre gemütliche Tüte zu verlassen – und schon hatte ich die nächste Diskussion:
so weit sind wir schon: die Saite hat
ihre gemütliche Packung verlassen -
aber auf meine Gitarre will sie noch
lange nicht!
Monika: Nun stell dich doch nicht so an! Wenn du nicht mitspielst, dann klingt meine Gitarre nicht richtig. Ich brauche doch eine g-Saite!

Saite: Eine g-Saite! Niemals spiele ich als g-Saite! Wenn schon, dann will ich als e-Saite die hohen Töne spielen. Eine g-Saite wird doch niemals so richtig gehört. Die spielt einfach nur in der Mitte und keiner hört genau, was sie tut. Die g-Saite ist doch bloß der Harmonie-Auffüller. Ich möchte gerne glänzen. Ich bin ein Star, man soll mich deutlich hören. Nein, das kannst du vergessen – ich lasse mich nicht aufspannen. Und schon gar nicht als g-Saite!

Monika: Aber du bist doch als g-Saite gemacht. Wenn ich dich an einer anderen Stelle aufziehe, dann klingt das einfach nicht. Entweder muss ich dich dann ganz doll spannen, so dass du reißt – oder die Gitarre könnte kaputt gehen. Und wenn ich dich als tiefere Saite aufziehen würde, dann muss ich dich ganz schlapp lassen. Dann klingst du auch nicht richtig. Dein Platz auf meiner Gitarre ist die g-Saite – oder gar nicht.

Saite: Dann eben gar nicht. Ich will ja sowieso nicht.

Monika: Aber hör doch mal, wie schrecklich das klingt – ohne dich!

Saite: Das klingt wirklich nicht schön, aber trotzdem: ohne mich! Ich spiele niemals als g-Saite!

Es ist nicht egal, wo wir uns einspannen lassen:

Meine zickige g-Saite möchte nicht nur jede Spannung vermeiden, nein, sie möchte in Wirklichkeit auch an exponierter Stelle stehen. Es ist ihr nicht genug, nur als g-Saite irgendwo im Mittelfeld mitzuspielen. Am allerliebsten würde sie den Ton angeben und die Melodie führen, denn dann wird sie von allen gehört.

Kommt mir irgendwie bekannt vor: wir alle möchten aus unserem Leben das Maximum herausholen. Welcher Teenager träumt nicht heimlich von einer großen Karriere als Superstar oder Supertalent oder Profi-Fußballer? Wer möchte nicht in der Klasse der oder die beste sein? Wer von uns möchte im Job nicht vor dem Chef gut dastehen?

Das scheint ein sehr menschliches Verhalten zu sein: schon Paulus ermahnt die Gemeinde in Korinth, dazu, sich gegenseitig zu achten und zu ehren, und zwar egal, welche Stellung die einzelnen Gemeindeglieder einnehmen. Eigentlich wäre das selbstverständlich, aber in der Gemeinde von Korinth scheint es Profilneurotiker zu geben und andere, die sich nicht richtig wertgeschätzt fühlen.

Er benutzt dazu das Bild von einem Körper, zu dem viele verschiedene Glieder gehören: solche, die wir als wichtig erachten, wie die Hand oder den Fuß. Oder solche, die wir lieber verstecken. Aber der Körper braucht natürlich jedes einzelne Glied.

So schreibt Paulus an die Korinther:

„Der menschliche Körper besteht ja auch nicht nur aus einem einzigen Teil, sondern aus vielen. Selbst wenn der Fuß sagt: »Ich bin keine Hand, ich gehöre nicht zum Körper.« Er gehört trotzdem zum Körper. Und wenn das Ohr sagt: »Ich bin kein Auge, ich gehöre nicht zum Körper.« Es gehört trotzdem zum Körper. Wenn der ganze Körper ein Auge wäre, wo bliebe dann das Gehör? Wenn er ganz Gehör wäre, wo bliebe der Geruchssinn?“
Um auf das Bild mit den Gitarrensaiten zurückzukommen: die Gitarre kann nicht nur aus hoch klingenden, melodieführenden e-Saiten bestehen. Es braucht alle Saiten, um Wohlklang aus ihr herauszukitzeln. Und nur dann, wenn alle Saiten an ihrem richtigen Platz sind und auch noch alle Saiten die perfekte Spannung haben – dann erklingt auf der Gitarre wunderschöne Musik:

Monika: So, ich probier’s doch noch mal. Aus der Packung habe ich die Saite ja schon herauslocken können – jetzt muss sie nur noch an richtiger Stelle aufgespannt werden.

Saite: Ja, ja, du hast ja recht. Ich habe noch mal nachgedacht. Vielleicht bin ich ja doch wichtig für deine Gitarre. Und ich bin schon eine echte g-Saite und muss deshalb auch als g-Saite benutzt werden. Also gut, du darfst mich aufziehen. Aber nicht hier, so öffentlich. Das ist mir peinlich.

Monika: Alles klar, das machen wir im Musikzimmer.
alle 6 Saiten drauf - und auch schon richtig gestimmt!
es kann losgehen mit dem Musizieren!

Ich durfte am Ende dann doch auf meiner Gitarre mit allen 6 Saiten spielen! Hach, schön!

Was ich von meiner Gitarre und ihrer zickigen g-Saite lernen möchte?

Ganz klar: es gibt einen Platz, der wie für mich geschaffen ist - und nur dort werde ich meine volle Klangkraft entwickeln können. An allen anderen Stellen - wie sehr ich mir das auch wünschen mag - werde ich nicht das ganze Potential meiner Fähigkeiten entfalten können.
Ich für mich habe den Platz gefunden: hier auf Föhr, in der Urlauberseelsorge, in der Arbeit mit euch, mit den Mitarbeitenden. Aber auch in meiner Familie - mit meinem Mann und den (schon großen) Kindern. Das fühlt sich alles richtig an - was für ein schönes zufriedenes Gefühl. Vielleicht klingt das etwas selbstgefällig, aber eigentlich bin ich wirklich dankbar dafür, dass mein Lebensweg bisher so gelaufen ist und mich hierher geführt hat.

Und wenn es sich mal nicht richtig anfühlt? Wenn ich zweifle? Habe ich auch schon! Wenn die Anspannung zu groß wurde, zu viele Anforderungen an mich gestellt wurden und ich mal wieder einfach nicht nein sagen konnte. Dann habe ich vermutlich versucht, als e-Saite den Ton anzugeben, anstatt mich mit meinem Platz zufrieden zu geben. Überforderung und Erschöpfung lassen dann meist nicht lange auf sich warten!
Oder wenn ich so wie jetzt in dieser Pandemie - Zeit nicht wie gewohnt arbeiten kann: fühlt sich manchmal an, wie auf Sparflamme - dann versuche ich wohl gerade, als Bass-Saite mein Leben zu fristen - viel zu wenig Spannung für mich, alles ganz lose. Dafür bin ich dann doch nicht gemacht! Aber man muss alles mal ausprobieren - vielleicht klinge ich an anderer Stelle ja auch ganz passabel - und vielleicht habe ich meine Zeit als kräftig angespannte Melodiesaite ja auch schon hinter mir.

Gebet der Saite:

Gott, ich danke dir,
dass ich mich einspannen lassen darf – 
nicht einfach irgendwo,
sondern an dem Platz,
an dem ich am besten klinge,
weil du mich genau dazu geschaffen hast.

Ich danke dir,
dass du mich nicht überspannen wirst.

Bitte, gib mir Weisheit, rechtzeitig Stopp zu rufen,
bevor die Spannung unerträglich wird,
damit ich nicht zerreiße unter den alltäglichen Anforderungen.

Aber lass mich auch nicht zu schlaff sein,
guter Gott, sondern spanne mich und ziehe mich nach,
wenn ich zu locker bin.

Danke, dass ich geschaffen bin, um zu klingen –
und danke, dass ich klingen darf –
ich an meinem Platz
und zusammen mit all den anderen Saiten um mich herum.
Amen

Soweit die Weisheiten meiner Gitarre! Seid lieb gegrüßt von
Monika


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