Herzlich Willkommen auf meinem Blog

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Mittelbrücke auf Föhr - seit 2023 ist sie leider Geschichte

Samstag, 9. Oktober 2021

Mut zur Lücke!

Hallo, Ihr Lieben jenseits des Meeres - und auch ihr, hier auf der Insel, in dieser Flaschenpost mache ich mir Gedanken über das, was ich wirklich brauche - und ob ich nicht doch auf das eine oder andere verzichten könnte?

Simplify your Life

„Das ist alles, was ich habe“, sagt die junge Frau auf dem Bildschirm vor mir und grinst breit. Sie führt mich und das gesamte Internet gerade durch ihre Wohnung. Eine Roomtour nennt man diese Videos, bei denen Leute ihre 4 Wände samt Einrichtung filmen und ins Internet stellen. Wobei bei dieser jungen Frau kaum von Einrichtung gesprochen werden kann: außer einer Matratze, einer elektrischen Herdplatte und einer Handvoll Dinge ist alles leer.

„Krass, so könnte ich nicht leben“, denke ich. Ein bisschen brauche ich schließlich schon! Ich scrolle weiter durch die Videos und finde neben zahlreichen Minimalismus – Roomtouren mindestens 20 weitere Videos – alle voll mit Tipps zum Ausmisten und dem perfekten Lebensstil ohne viel Ballast. Dieser Trend aus den sozialen Netzwerken findet sich mittlerweile auch in zahlreichen Lifestyle-Magazinen. „Simplify your Life!“ heißt es da, und ist meist weniger extrem als es die junge Frau in ihrer Wohnung auslebt. Doch auch sie versprechen uns, freier, unbeschwerter und vor allem glücklich zu sein. Ich schaue über meinen Laptop hinweg in mein Zimmer. Eigentlich ein ganz normales Zimmer. Die Regale sind gefüllt, Bücher stehen in zwei Reihen und in der Ecke gibt es einige Kiste, über deren Inhalt ich nicht mehr genau Bescheid weiß. Vielleicht sollte ich mal wieder ausmisten….

Sparking Joy

Marie Kondō ist eine japanische Beraterin und Bestsellerautorin, deren drei Bücher in 27 Sprachen übersetzt und weltweit 7 Millionen Mal verkauft wurden. Im Englischen wurde ihr Nachname sogar zum Verb to kondo, das einen Schrank aufräumen bedeutet.

Marie sagt, für jeden gebe es die perfekte Anzahl von Dingen. Diese habe man gefunden, wenn man nur noch Sachen hat, die einen glücklich machen. Dazu gehöre auch, endlich schlecht schreibende oder leere Kugelschreiber zu entsorgen. Betriebsanleitungen und Kartons von Technik seien Platzkiller und völlig überflüssig, da alle erforderlichen Informationen im Web zu finden seien. Von all diesen Dingen habe ich genug zu Hause rumfliegen und glücklich macht mich das nicht. Genau wie kratzige Pullis im Schrank, die eigentlich auch endlich wegmüssen.

Die Unordnung im Zimmer entspricht der Unordnung im Herzen, sagt Marie Kondo

Wenn ich so darüber nachdenke, gibt es ziemlich viel, was ich aussortieren könnte – nicht nur Materielles. Gerade durch die lange Zeit der sozialen Distanz wegen der Corona-Pandemie habe ich gemerkt, dass ich auf vieles ohne Probleme verzichten kann. Muss ich z.B. mit 400 Leuten auf Facebook befreundet sein? Mit der Hälfte von ihnen habe ich noch nie geredet.

Ich beschließe, damit anzufangen und lösche radikal flüchtige Bekannte aus meiner Freundesliste. Und als ich fertig bin, fühle ich mich gut, ziemlich gut sogar. Ein Stück freier und ein wenig leichter, zumindest innerlich. An dem versprochenen unbeschwerten Gefühl durch Ausmisten muss also etwas dran sein. Ich ahne, dass meine Facebook – Freunde nur der Anfang sind. Schließlich gibt es noch so viel, was ich ausdünnen oder weglassen kann – und trotzdem werde ich weiterleben. Vielleicht sogar glücklicher.

Doch ganz radikal werde ich sicher nicht. Ich will nicht in einer leeren Wohnung leben. Ein bisschen Deko und Zeug macht mir einfach Spaß. Und der darf beim ganzen Minimalismus schließlich nicht zu kurz kommen.

Was fällt dirdazu ein? Worauf könntest du gerne verzichten? Was könnte ausgemistet werden – sowohl materiell gesehen, als auch auf denLebensstil bezogen?

Eine Luxusfrage – aber nicht überflüssig!

Die Frage nach dem einfachen Lebensstil ist eine Luxusfrage. Nur eine Gesellschaft, die so viel im Überfluss hat, wie unsere, kann sich die Frage leisten, worauf man gut verzichten könnte. Das ist in anderen Kulturen und unter anderen Umständen sicher anders. Wer in seinem täglichen Leben ums nackte Überleben kämpfen muss, hat nichts zum Wegwerfen oder Verzichten.

Es kann auch nicht darum gehen, jetzt ohne Rücksicht auf Verluste auf alles zu verzichten, was unser Leben angenehm und schön macht. Die junge Frau mit ihrer leeren Wohnung ist auch nicht etwa moralisch besser oder so etwas ähnliches.

Ich finde einen Hinweis auf dieses Thema im Hebräer – Brief. Dort heißt es nämlich:

„Wir haben hier keine bleibende Stadt, aber die zukünftige suchen wir.“ (Hebr. 13, 14)
Durch diesen Satz werden wir an eine andere Dimension erinnert, die auch zu unserem Leben gehört. Es geht nicht nur um das Hier und Heute, es geht nicht nur um Besitz und Besitzstandswahrung – es geht um die zukünftige Stadt, die wir suchen. Vor diesem Hintergrund sollte eigentlich mindestens das Materielle seinen Absolutheitsanspruch verlieren, den es in unserer Kultur hat. Wenn eine jenseitige Dimension in unser Leben hineinragt, dann werden verlieren irdische Themen an Wichtigkeit und es eröffnet sich uns ein kleiner Blick auf Alternativen.

Ich schließe mit einer Geschichte von Dan Millman:

Ein Tourist darf in einem Kloster bei Kartäusermönchen übernachten. Er ist sehr erstaunt über die spartanische Einrichtung ihrer Zellen und fragt die Mönche: „Wo habt ihr eure Möbel?“ Schlagfertig fragen die Mönche zurück: „Ja, wo haben Sie denn Ihre?“ „Meine?“, erwidert darauf der Tourist verblüfft. „Ich bin ja nur auf der Durchreise hier!“ „Eben“, werfen da die Mönche ein, „das sind wir auch.“

Und ihr da draußen, jenseits des Meeres? Seid ihr auf der Durchreise - oder baut ihr am eigenen Nest?

Ich grüße euch jedenfalls herzlich

Monika

 

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