Herzlich Willkommen auf meinem Blog

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Mittelbrücke auf Föhr - seit 2023 ist sie leider Geschichte

Samstag, 29. Mai 2021

Wir dürfen wieder! - Zwischen Vorfreude und Angst...

Endlich! Am Dienstag soll es die allererste Gute-Nacht-Geschichte seit fast zwei Jahren geben!
Wisst ihr, wie sehr ich mich darauf freue?
Das macht mich ganz kribbelig, ich kann es kaum abwarten.

Und auf der anderen Seite: nach so langer Zeit? Was ist, wenn es nicht klappt? Kann ich überhaupt noch richtig singen? Oder ist die Stimme und sind die Gitarrenfinger eingerostet? Hab ich mein Repertoire noch drauf? Und wenn ich mittendrin einen Blackout kriege?

Und dann der Ort: weder im Kurgartensaal, noch am Sandwall, wie gewohnt – nein, wir werden das Außengelände des Kindergartens benutzen: eine große Rasenfläche, und ansonsten nichts. Wie sollen wir da eine schöne gemütliche Atmosphäre hinzaubern? Und wenn vielleicht auch überhaupt niemand kommt?

Sollen wir wirklich jetzt schon wieder anfangen? Vielleicht doch noch ein wenig warten – bis alle geimpft sind, bis alles wieder „normal“ ist?

Ihr Lieben jenseits des Meeres – und auch ihr, hier auf der Insel – das sind die Fragen, die mich umtreiben, und ich möchte sie mit euch teilen. Denn ich glaube, jede und jeder von euch kennt ähnliche Momente: auf der einen Seite sprudelnde Vorfreude – und auf der anderen Seite die Angst vor dem Unbekannten, Neuen. 

Ich erinnere mich an Situationen aus der Kindheit: der erste Schultag zum Beispiel. Ist lange her, ich weiß. Aber ich erinnere mich doch noch daran, wie meine Eltern zu mir sagten: stell dich nicht an, hab keine Angst!

Sie haben das gut gemeint. Und eigentlich brauchte ich auch keine Angst zu haben – aber Angst ist nun mal selten real. Angst ist irgendetwas anderes, etwas Unbestimmtes, nichts Greifbares. Und deshalb hilft der Satz: Hab keine Angst! gar nichts, wenn ich Angst habe.

Voller Vorfreude wird das kleine Kind eingeschult – aber eben auch voller Skepsis und Angst.

Es gibt viele solcher Situationen, vor allem in der Kindheit: das erste Mal allein einkaufen gehen, das erste Mal allein in den Sportverein oder zur Kindergruppe der Gemeinde gehen.

Der erste Arbeitstag in der Ausbildung oder nach einem Wechsel des Arbeitsplatzes.

Selbst bei meiner Hochzeit war ich einerseits voller Freude auf das kommende Leben an der Seite meines künftigen Mannes – und auf der anderen Seite voller Furcht, ob dieser Schritt der richtige sein wird, wie sich die Zukunft entwickelt…

Auch in der Schwangerschaft kenne ich diese Gefühle: riesengroße Freude auf das werdende kleine Menschlein, aber auch Angst vor der Verantwortung, die ich damit übernehme.

In meinem jetzigen Job als Urlauberseelsorgerin überfällt mich die Angst vor dem Neuen in jeder neuen Saison – wenn nach der Winterpause die ersten Gäste wieder eintrudeln und alles von vorne anfängt. Es ist immer beides da: die Vorfreude, die mich ganz kribbelig macht – und die Angst, dass ich verlernt haben könnte, was von mir erwartet wird.

Und jetzt, nach fast zwei Jahren ohne Gute-Nacht-Geschichte, soll es wieder losgehen. Ja, ich freu mich drauf! Und ja, ich habe Angst.

Was genau ist eigentlich Angst?

In der Frühzeit der Menschheit, als wir noch Jäger und Sammler waren und in der freien Wildbahn lebten, war Angst eine sehr nützliche Reaktion auf Stress-Situationen. Angst löst einen Adrenalinschub aus, Stresshormone werden freigesetzt, beides hilft, der Gefahr zu entkommen oder sich ihr zu stellen.

Angst warnt vor gefährlichen Situationen und hält uns davon ab, unüberlegt zu reagieren. Also durchaus nützlich, diese Angst.

Im Leben passieren ja viele Dinge, die bedrohlich wirken, und auf die wir keinen Einfluss haben.

In meiner Jugendzeit habe ich mal gehört, dass man in der Bibel für jeden Tag des Jahres einen „Fürchte dich nicht“-Satz finden könne. Ich habe sie gesucht, diese Sätze. Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst – Jeremia 1, 3. Oder: Seid getrost und unverzagt, fürchtet euch nicht – 5.Mose 31, 6. Ich habe viele von diesen Sätzen gefunden, ich denke, so an die hundert, und mit einem gelben Textmarker in meiner Bibel markiert. Auf ein kleines Kärtchen habe ich alle diese Stellen notiert – und mein Ehrgeiz war, 365 dieser Stellen zu finden. Aber mittlerweile habe ich das Kärtchen verloren. Es gibt noch die gelben Stellen in meiner Bibel, aber ich habe es aufgegeben, danach zu suchen. Warum? Wenn ich wirklich Angst habe, dann hilft es mir gar nichts, wenn mir jemand sagt: Hab keine Angst. Das macht das eigentlich nur noch schlimmer, denn es sagt mir: hey, du bist ein Weichei. Du hast Angst – das sollst du nicht. Und dann verstecke ich die Angst und tue so, als wäre da nichts. Die Umwelt nennt das mutig. Ich nenne das Verstellung und Rollenspiel. Und zur eigentlichen Angst kommt noch die Angst hinzu, jemand könne merken, dass ich Angst habe.

Nein, das hilft mir auf jeden Fall nicht.

Aber gerade jetzt, in diesen Tagen habe ich mich erinnert an die Geschichte von Abraham: er wurde als alter Mensch von Gott dazu angetrieben, sein Heimatland zu verlassen und in einem fremden Land noch einmal ganz von vorne anzufangen. Ihr kennt die Geschichte sicher. Ihr wisst auch sicher, dass von Abraham viele andere Geschichten überliefert sind: die Rettung aus Sodom und Gomorra, die späte Vaterschaft mit über 70 Jahren, die Fast-Opferung von seinem Sohn Isaak usw. Es sind alle die Geschichten, die in den Kinderbibeln stehen.

Hinter all diesen Abenteuern steht für Abraham eine Zusage. Ganz am Anfang der Geschichten sagt Gott zu ihm: „Ich will dich segnen – und du sollst ein Segen sein!“

Und dieser Satz ist stärker als die Angst vor dem Neuanfang in einer unbekannten Gegend oder vor der Vaterschaft im Greisenalter. Das ist der Satz, der die Angst für Abraham besiegt.

Ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein - 1. Mose 12, 2

Diese Zusage ändert den Blickwinkel: es hat einen Sinn, dass Abraham so und nicht anders handeln soll. Er soll zum Segen werden. Es geht gar nicht nur um sein eigenes Leben – es geht um das große Ganze, um die ungewisse, aber wichtige Zukunft, es geht um Gottes Plan. Du sollst ein Segen sein – was für eine starke Zusage. Das ist mehr als ein „fürchte dich nicht“ – das besagt: jetzt hast du vielleicht Angst vor dem Ungewissen – aber am Ende deines Lebens wirst du sehen, dass es gesegnet war, dass du zum Segen für andere da warst.

Ob das auch für mich gilt?

Ja, ich bin nicht Abraham, ich weiß. Ich bin nur Monika Reincke, die sich auf die erste Gute-Nacht-Geschichte nach langer Zeit vorbereitet. Aber wenn das auch für die Gute-Nacht-Geschichte gilt? Dass sie mehr ist als eine nette Veranstaltung, dass sie zum Segen werden kann? Keine Ahnung, ob das so ist. Es wäre schön, wenn. Wenn für Eltern und Kinder die Gute-Nacht-Geschichte ein schönes nachhaltiges Erlebnis wird, wenn die Lieder und Mitmach-Aktionen auch zu Hause noch gesungen und gespielt werden, wenn Kinder glücklich sind – und sei es auch nur für die kurze halbe Stunde. Das ist es doch, was damit gemeint ist: ein Segen sein.

Zu wissen oder auch nur zu hoffen, dass das, was ich tue, für andere wertvoll und wichtig ist – das relativiert die Angst. Das lenkt den Blick ab von meinen (vermutlich unbegründeten) Befürchtungen.
 

Was versuche ich euch mit diesen vielen Worten zu sagen?


Es sind zwei Erkenntnisse, die ich mit euch teilen will:
Die erste: Angst ist nichts Schlimmes, sondern gehört zum Leben dazu.

Und die zweite Erkenntnis: das Gegenteil von Angst ist nicht etwa Mut, sondern das Gegenteil von Angst ist Vertrauen.

Entweder das Vertrauen in mich selbst: zu wissen, dass die gefürchtete Situation mir zwar einiges abverlangen wird, ich aber die Fähigkeit und Stärke habe, sie zu meistern.

Oder das Vertrauen in andere Menschen: wenn ich wirklich unsicher bin, hole ich mir Begleitung: kommst du mit? das haben wir als Kinder die beste Freundin gefragt. Zu zweit traut man sich irgendwie mehr. Man ist doppelt so stark und die Angst ist nur noch halb so groß.

Und natürlich das Vertrauen in Gott: du kannst nicht tiefer fallen als in Gottes Hand. Und: es wird schon einen Sinn haben…

Ja, das klingt ein wenig platt – aber da fehlen mir doch tatsächlich mal die Worte, das eleganter auszudrücken. Wenn ich gesegnet sein soll und auch zum Segen werde, dann hat mein Leben einen Sinn – und damit auch alles das, was mich ängstigt, denn das gehört zum Leben dazu.

Welche Situationen kennt ihr denn, in denen die (Vor-)Freude und die Angst vor dem Neuen in euch streiten? Und was hilft euch, damit die Freude überwiegt?

Mir haben auf jeden Fall diese Gedanken hier geholfen – wird schon werden, mit der ersten Gute-Nacht-Geschichte nach, bzw. in Corona-Zeiten!

Und so wünsche ich euch (und mir) das, was damals zu Abraham gesagt wurde:

Möge Gott euch segnen – und mögt ihr ein Segen sein!

Eure Monika

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