Der Blick vom Musikpavillon zum Hafen: fast nur Himmel! |
Herr, deine Güte reicht, so weit der Himmel ist, und deine Wahrheit, so weit die Wolken gehen.
Wieso sich dieser Satz aus Psalm 36 in meinem Kopf eingenistet hat, weiß ich nicht. Das passiert ja hier und da, dass uns ein Gedanke ins Hirn und ins Herz schießt und uns nicht mehr loslässt.
Ganz am Horizont ahnt man die Häuser von Langeness - ansonsten: Strand und ganz viel Himmel! |
Vielleicht hängt das mit dem klar kalten Winterhimmel über Föhr zusammen, der mich täglich auf dem Weg zur Arbeit grüßt. Die Weite des Blickes wird derzeit weder durch Strandkörbe noch durch Segelboote abgelenkt - diesen Blick darf ich täglich genießen:
Ein Wintermorgen am Musikpavillon |
Wohin reicht der Himmel? Und wie weit gehen die Wolken?
Das sind eigentlich typische Kinderfragen - eine Antwort darauf zu finden, ist fast nicht möglich. Eigentlich muss man sogar fragen: was ist der Himmel, wo ist er, wie weit von der Erde entfernt ist? Und schon sind wir wieder beim Spekulieren angelangt: denn zumindest seitdem wir mit Raumschiffen das Weltall erobern, verliert der Begriff Himmel seine ursprüngliche Bedeutung und wird vage: der Himmel, das ist alles, was irgendwie über uns und unserer Erde ist. Wie groß er ist? Wo fängt er an, wo hört er auf? Sind Weltall und Himmel dasselbe? Astrophysiker können es vermutlich berechnen - aber ehrlich: die Zahlen, die sie uns präsentieren, sind ja nicht wirklich vorstellbar. Ein Blick nach oben in einer sternklaren Nacht genügt uns, damit sich der Blick weitet - und es ist kein Ende in Sicht.
Und die Wolken?
Hier auf Föhr gibt es täglich ein neues Wolkenspektakel. Ich sollte mal den Blick aus meinem Treffpunkt-Fenster täglich fotografieren - immer dasselbe Bild und doch jedes Mal wieder ganz anders. Die Wolken sind täglich neu - sie formieren sich, sie ziehen weiter, sie regnen sich ab. Was bleibt, bei meinem Blick aus dem Fenster, das ist das Gefühl von Weite, von einem Horizont, der nicht sichtbar ist, sich nur ahnen lässt. Wie der Himmel - so entziehen sich die Wolken der Greifbarkeit, auch wenn sie zuverlässig immer wieder kommen werden.
Ein Bild vom letzten Jahr: spektakuläre Wolken - fast leerer Strand, direkt vor meiner Bürotür! |
Gottes Güte reicht soweit der Himmel ist und seine Wahrheit soweit die Wolken ziehen.
Vielleicht kennt ihr das schöne Kinderbuch: Weißt du eigentlich, wie lieb ich dich habe?
Darin wetteifern Mama Hase und Häschen miteinander, wie lieb sie einander haben. Wenn Baby Häschen sagt: ich hab dich lieb soweit ich meine Arme ausbreiten kann, dann sagt Mama Hase: und ich habe dich lieb, so weit ich meine Arme ausbreiten kann.
Und so geht es immer weiter. Immer weiß Mama Hase noch mehr, ein kleines Stückchen weiter, als der kleine Hase zeigen, hüpfen, laufen kann. Am Ende ist der kleine Hase ganz müde und weiß sich nicht mehr anders zu helfen, als die größtmögliche Entfernung zu nennen, die er sich denken kann: ich habe dich lieb bis zum Mond! Und Mama Hase nimmt den kleinen Hasen in den Arm und sagt ganz leise, vermutlich hört es der kleine Hase gar nicht mehr: Bis zum Mond - und zurück haben wir uns lieb.
Daran muss ich denken, wenn ich über Gottes Güte und Wahrheit und den Himmel und die Wolken nachsinne. Wir können die Entfernungen vielleicht ausrechnen, die Meteorologen können vermutlich vorhersagen, wohin die Wolken ziehen und wann sie abregnen und sich wieder neu bilden. Das ist egal: Gottes Güte und Wahrheit sind schier endlos.
Und wie bei der Geschichte von den beiden Hasen ist auch das keine Einbahnstraße - die Güte Gottes will gespürt und erfahren und erwidert werden - und das trotz all der Widrigkeiten, die uns alltäglich entgegenstehen.
Nein, das ist keine Schwärmerei. Das ist kein mystischer Blödsinn. Es ist einfach ein anderer Blickwinkel. Ich könnte auch nicht auf den Himmel schauen, sondern ganz irdisch hier nach rechts und links, ins Fernsehen, in die Zeitungen, in die sozialen Medien. Da sehe ich auf jeden Fall, dass menschliche Solidarität begrenzt ist, dass es leichter ist, sich über Impftermine und zuwenige Impfdosen zu beklagen. Es ist so einfach, nach Schlupflöchern in den Corona-Kontaktbeschränkungen zu suchen und welche zu finden. Oder alles als unnütz abzutun. Da sieht man immer wieder, was sich Menschen gegenseitig antun. Und in unserer Welt scheint ja nicht der gütigste zu gewinnen, sondern der mit den spitzesten Ellenbogen.
Was der Psalmvers aber in Wirklichkeit mit mir macht, das ist dies: ich wende meinen Blick ab vom allzu Menschlichen und schaue in den Himmel. Und bleibe sprachlos zurück vor der schieren Unendlichkeit von Gottes Güte - bis zum Himmel und zurück!
Das heißt nicht, dass alles im Leben glatt gehen wird, weil ich an Gott glaube. Schicksalsschläge, Schwierigkeiten, Niederlagen, Misserfolge, Rückschläge - sie gehören nun mal zum Leben dazu, wir müssen sie erdulden und durchleben, um daran zu wachsen und zu reifen. Auch das, was Menschen sich gegenseitig wissentlich und aus Versehen antun, gehört dazu.
Aber dann und wann darf ich meinen Blick abwenden und nach oben schauen - im wahrsten Sinne des Wortes. Und dann dürfen mich die Wolken und der Wind daran erinnern, dass es mehr im Leben gibt, als Corona-Pandemie, allzu Menschliches und die Angst vor dem Morgen.
Wie seht ihr das?
Es grüßt herzlich von der schönsten Insel der Welt
Monika |
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