„Im evangelischen Bereich heißen die vierzig Tage Passionszeit – Zeichen dafür, dass das Motiv der Passion Jesu die gesamte Vorbereitungszeit auf Ostern bestimmt. Ursprünglich war solche Prägung auf die Karwoche beschränkt.“
Und weiter wird ausgeführt: Nicht die quantifizierbaren Akte seien wichtig, sondern die Gesinnung.
Quantifizierbare Akte - darunter verstehe ich alles das, was ich an moralisch guten Taten zählen könnte: 40 Tage fasten zwischen Aschermittwoch und Ostern. Dabei auf Fleisch oder auch tierische Nahrung verzichten, auf Süßigkeiten, auf Alkohol. All das kann ich zählen. Über all das könnte ich Protokoll führen. Und bestimmt würde es auch nicht schaden, mal eine Zeitlang auf reichhaltiges Essen und Trinken zu verzichten. Und schon bin ich in der Moralmühle gefangen: ich muss rüde jedes angebotene Gummibärchen ablehnen, mein Gegenüber damit verärgern, der Spaß an Gemeinschaft und unbeschwertes Leben kommen zu kurz. Ich erhebe meinen moralischen Zeigefinger, denn ich habe ja verstanden, wie es "richtig" ist, das muss ich aller Welt um mich herum auch mitteilen. Das wären quantifizierbare Akte.
Aber darauf kommt es ja nicht an, sondern darauf, in welcher Gesinnung ich das tue. Wozu also fasten evangelische Christen, wenn es nicht auf Gummibärchen und Alkohol ankommt?
Wer im Internet nach dem Begriff "Fasten" und "evangelisch" sucht, der landet sofort auf der Seite von "7 Wochen ohne". Das ist eine evangelische Fastenaktion, die dazu einlädt, in den 7 Wochen vor Ostern auf bestimmte lieb gewordene Gewohnheiten zu verzichten. Seit 1983 gibt es diese Aktion schon - in jedem Jahr gibt es ein anderes Motto. Die Mottos der vergangenen Jahre lauten z.B. "Zuversicht! 7 Wochen ohne Pessimismus" oder "Augenblick mal! 7 Wochen ohne sofort" oder ähnlich. Das klingt für mich schon eher nach einer Fastenzeit, die in unsere Zeit und Gesellschaft passt. Sich für einen begrenzten Zeitraum von 7 Wochen etwas vorzunehmen und im Laufe dieser 7 Wochen zu lernen, wie man das umsetzen kann. Das Motto für 2021 heißt: "Spielraum. 7 Wochen ohne Blockaden". Klingt gut. Spielraum brauche ich. Und spielerisch zu lernen, wie man innere Blockaden abbaut - auch gut.
So klingt das auf der Webseite von "7 Wochen ohne":
„Sieben Wochen ohne Blockaden“ liegen vor uns. Klingt fast vermessen, oder? Selten wurden wir so umfassend ausgebremst wie jetzt, in der Corona-Pandemie. Kein Fußballtraining, kein Kino, kein Stöbern im Buchladen. Das Krankenhaus lässt keine Besucher:innen hinein. Die Gastwirtin darf ihr Lokal nicht öffnen. Diese Beschränkungen sind notwendig, wir müssen sie respektieren. Aber wir wollen in dieser Fastenzeit den Blick heben, um mehr zu sehen als nur die verschlossenen Türen.
Also 7 Wochen ohne innere Blockaden. Spielraum erleben. Einfach mal in Gedanken rumspinnen - alles wird möglich. Das klingt spannend. Darauf kann ich mich einlassen.
Also: ich werde gleich den Newsletter von "7Wochen ohne" abonnieren, und mir ein Begleitbuch für die Fastenzeit bestellen. Mal sehen, was sich entwickelt!
Und ob ich auf Gummibärchen und Schokolade verzichten will - das geht niemanden etwas an. Wenn ich das tue, dann gehe ich damit nicht hausieren, sondern mache es einfach - ohne moralischen Zeigefinger, hoffentlich. Und ohne Fettnäpfchen...
Wie haltet ihr das mit der Fastenzeit?
Seid herzlich gegrüßt von der schönsten Insel der Welt
Monika |
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