Hallo, Ihr Lieben jenseits des Meeres - und auch ihr, hier auf der Insel, in dieser Flaschenpost mache ich mir Gedanken über die Zeit.
Kennt ihr den Spruch: Carpe diem?
Man hört ihn oft - und meist wird er übersetzt mit "Nutze den Tag". All die heute üblichen Methoden der Zeitoptimierung, Terminplanung, Ablauforganisation usw. schwingen dann gleich mit, wenn ich die Aufforderung höre, den Tag zu nutzen. Am Ende habe ich richtig Stress, weil ich immer noch mehr in die verfügbare Lebenszeit packen möchte, um diese möglichst gut auszunutzen.
Diese Karte ist in dieser Woche von meinem Basteltisch gehüpft und hat mich zu dem Andachtsthema inspiriert. noch mehr Wiesenblumen-Karten findet ihr auf meinem privaten Blog |
Die wörtliche Übersetzung von Carpe diem ist "pflücke den Tag".
"Pflücke den Tag"
Wer den Tag pflückt, wie man eine Blume pflückt, der bringt auch die Unbeschwertheit des Kindes mit, das Gänseblümchen und Löwenzahn auf der Wiese sammelt, um der Mama oder der Oma einen Blumenstrauß zu schenken.
Pflücke den Tag - das heißt für mich eben nicht, die Zeit voll und gezielt auszunutzen, sondern den schönen Moment zu sehen und diesen zu genießen.
Wer den Tag pflückt, der holt sich die schöne Rose der Erinnerung an die besonderen Momente und Erlebnisse ins Herz.
Mit Zeitoptimierung hat das nichts zu tun, sondern eher damit, wachsam und offen in der Gegenwart zu sein. Und damit, sich nicht den Blick auf das Schöne zu verderben, indem man immer gleich das Negative mit sieht oder an die dunkle Zukunft denkt.
Um im Bild des Blumenpflückens zu bleiben: ich werde keine noch so schöne Blüte für meine Vase abpflücken, wenn ich an Blattläuse und andere Insekten denke, die verborgen in den Blütenkelchen sitzen. Oder daran, dass sich die Blumen in der Vase ja nicht so gut halten. Wer immer nur an morgen denkt, hat keine Zeit, den Augenblick überhaupt auch nur wahrzunehmen, geschweige denn, ihn zu genießen. Wer immer nur an morgen denkt, wird heute keine Blumen in der Vase haben, um sich daran zu erfreuen!
Von Jesus selbst stammt der Ratschlag (Matthäus 6, 25-34):
»Ich sage euch: Macht euch keine Sorgen um euer Leben – was ihr essen oder trinken sollt, oder um euren Körper – was ihr anziehen sollt. Ist das Leben nicht mehr als Essen und Trinken? Und ist der Körper nicht mehr als Kleidung? Seht euch die Vögel an! Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln keine Vorräte in Scheunen. Trotzdem ernährt sie euer Vater im Himmel. Seid ihr nicht viel mehr wert als sie?
Und warum macht ihr euch Sorgen, was ihr anziehen sollt? Seht euch die Wiesenblumen an: Sie wachsen, ohne zu arbeiten und ohne sich Kleider zu machen. Ich sage euch: Nicht einmal Salomo in all seiner Herrlichkeit war so schön gekleidet wie eine von ihnen. So schön macht Gott die Wiesenblumen. Dabei gehen sie an einem Tag auf und werden am nächsten Tag im Ofen verbrannt Darum wird er sich noch viel mehr um euch kümmern. Macht euch also keine Sorgen! Euer Vater im Himmel weiß doch, dass ihr das alles braucht. Strebt vor allem anderen nach seinem Reich und nach seiner Gerechtigkeit, dann wird Gott euch auch das alles schenken. Macht euch also keine Sorgen um den kommenden Tag - der wird schon für sich selber sorgen. Es reicht, dass jeder Tag seine eigenen Schwierigkeiten hat.«
(Ich habe den Text ein wenig gekürzt, um ihn besser lesbar zu machen. Hier findet ihr das komplette Zitat.)
Es reicht, dass jeder Tag seine eigenen Schwierigkeiten hat - diese Aufforderung kommt der altlateinischen Forderung vom Pflücken des Tages sehr nahe.
Yolo
- you only live once. Das ist ein Anagramm aus den SMS-Abkürzungen unserer Jugendlichen. Man lebt nur einmal - und dieses Leben gilt es angemessen zu füllen. Womit wir es füllen, das hängt letztlich dann wieder von unseren allgemeinen Prioritäten ab. Das lateinische Zitat vom Tag-Pflücken erinnert uns an die Leichtigkeit des Augenblicks, das Bibelzitat erinnert uns daran, dass es neben der diesseitigen Gegenwart auch eine ewige Dimension gibt, vor der die alltäglichen Sorgen verblassen. Yolo erinnert uns an die Einmaligkeit unseres Daseins.
Das alles vereinen wir in unserem Leben, das wir Augenblick für Augenblick wahrnehmen, genießen, erleiden, erdulden, gestalten, füllen - erleben.
Ich weiß mal wieder nicht, woher das folgende Gebet stammt, aber es fasst für mich zusammen, wie ich meine Tage zu pflücken lerne:
Herr meiner Stunden und meiner Jahre,
du hast mir viel Zeit gegeben.
Sie liegt hinter mir, und sie liegt vor mir.
Sie war mein und wird mein, und ich habe sie von Dir.
Ich danke dir für jeden Schlag der Uhr
und für jeden Morgen, den ich sehe.
Ich bitte dich nicht, mir mehr Zeit zu geben.
Ich bitte dich aber um viel Gelassenheit, jede Stunde zu füllen.
Ich bitte dich, dass ich ein wenig Zeit freihalten darf von Befehl und Pflicht,
ein wenig für Stille, ein wenig für das Spiel,
ein wenig für die Menschen am Rand meines Lebens, die einen Tröster brauchen.
Ich bitte dich um Sorgfalt,
dass ich meine Zeit nicht töte, nicht vertreibe, nicht verderbe.
Jede Stunde ist wie ein Streifen Land.
Ich möchte Liebe hineinwerfen, Gedanken und Gespräche, damit Frucht wächst.
Amen
Und was pflückt ihr heute?
Es grüßt euch herzlich von der schönsten Insel der Welt und wünscht euch ein wunderbares Heute
Monika |
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen