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Samstag, 12. Dezember 2020

Wir warten...

Hallo, Ihr Lieben jenseits des Meeres - und auch ihr, hier auf der Insel, in dieser Flaschenpost geht es um das Warten...

Ach ja, das Warten. Es erfordert unendlich viel Geduld: wir wissen, etwas wird passieren - aber wann? Und es dauert und dauert...
Und irgendwie vergeht die Wartezeit immer viel langsamer als der Rest der Tage. Kennt ihr das auch?
Wenn ich im Wartezimmer beim Arzt sitze, dann dauern 10 Minuten viel länger, als die 10 Minuten Nachrichten, die ich mir täglich anschaue.
Oder wenn ich auf den Bus warte - dann sind 2 Minuten schon ewig lang - es ist kalt, ich friere, wann kommt er denn endlich, dieser Bus?

Und jetzt ist Advent. Wir warten auf Weihnachten. Die Kinder warten. Auf die Geschenke, auf den Weihnachtsbaum, auf den ersten Schnee, auf die Weihnachtsferien, auf die Familienfeste mit Oma und Opa, auf den bunten Teller mit den Süßigkeiten... Sie warten. Man kann nichts tun, um das Warten zu verkürzen. Die Zeit muss man einfach aushalten. Oder man muss vergessen, dass man wartet - dann verläuft die Zeit wieder normal. Man beschäftigt sich mit anderen Dingen, man lenkt sich ab.

Wie ist das mit euch?
Wartet ihr auf Weihnachten? Oder lenkt ihr euch ab und beschäftigt euch mit anderen Dingen?
Ich ertappe mich ganz oft dabei, dass ich ganz viel zu tun habe in diesen Wochen vor Weihnachten: Plätzchen backen, Adventsgestecke herstellen, Weihnachtskarten basteln, aufräumen, Menüs planen, Geschenke besorgen usw. Ich lenke mich ab vom Warten, indem ich die Tage mit Aktivität fülle.
Dass die Adventszeit eine Wartezeit ist, vergesse ich dabei schnell.

Allerdings: in diesem Jahr merke ich die Warterei besonders: die allgegenwärtige Corona-Pandemie bringt mir deutlich vor Augen: außer Warten kann ich nicht viel machen. Ich warte auf den Impfstoff, dann werde ich darauf warten, dass ich geimpft werde. Wer weiß, wie lange das noch dauert.
In der Zwischenzeit verfolge ich den Anstieg der Infektionszahlen und warte auf die nächste Nachricht darüber. Ich warte auf den nächsten Schritt des Lockdowns und bin gespannt, wie sich das auswirken wird. Werden wir Weihnachten in der Familie feiern können - oder müssen wir das online machen?
Ich warte darauf, dass die Nordkirche sich irgendwie äußert, wie es mit Weihnachtsgottesdiensten in diesem Jahr gehandhabt werden soll: werden sie stattfinden, unter welchen Beschränkungen - oder fallen sie der Ansteckungsgefahr zum Opfer?

Ja, wir warten in dieser besonderen Zeit, in der die Zeitebenen zu verschwimmen scheinen: da ist der erste Advent vor 2000 Jahren, als Maria - mit Jesus schwanger - 9 Monate gewartet hat. Da ist aber auch alle Jahre wieder die Adventszeit mit der Erinnerung an diesen ersten Advent - und mit der freudigen Erwartung des diesjährigen Weihnachtsfestes. Und als wäre das nicht schon genug, ist da auch noch der Blick auf jenen Advent, zu dem Christus am Ende aller Zeiten kommen wird, um die Welt endgültig zu erlösen und zu versöhnen.

Wie so oft, kommt mir beim Schreiben dieser Sätze ein Kirchenlied in den Sinn und singt in meinem Kopf - es meldet sich sozusagen Oli, der Ohrwattwurm zu Wort:
Wir warten dein, oh Gottes Sohn
und lieben dein Erscheinen.
Wir wissen dich auf deinem Thron
und nennen uns die Deinen.
er an dich glaubt, erhebt sein Haupt
und siehet dir entgegen;
du kommst uns ja zum Segen.
 Der Text stammt von Phillip Friedrich Hiller, der von 1699 bis 1769 gelebt hat. 
Auch er hat schon damals anscheinend das Warten und die Vorfreude auf die Wiederkehr Jesu erlebt und in Gedicht/Liedform gebracht. Mich selbst stärkt vor allem die letzte Zeile dieser Strophe: du kommst uns ja zum Segen! 
Da heißt für mich: das Warten hat einen Sinn - es wird am Ende gut werden.

In diesem Sinne: haltet das Warten aus - bleibt behütet
das wünscht
Monika


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