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Mittwoch, 7. Oktober 2020

Das Lebenspuzzle

Hallo, Ihr Lieben jenseits des Meeres - und auch ihr, hier auf der Insel, in dieser Flaschenpost möchte ich mit euch unsere letzte Abendandacht von diesem Jahr teilen. Sie fand statt am Mittwoch, 23. September 2020 und hatte zum Thema:

Das Puzzle des Lebens

Noch herrscht Chaos in der Kiste!

Wann hast du zum letzten Mal gepuzzelt?

Kannst du dich noch an das aufregende Gefühl erinnern, wenn man die Kiste aufmacht – die Puzzleteile sind alle noch in einer Tüte verpackt – und dann geht’s los! Die Tüte wird ausgekippt – in die Kiste natürlich, damit man keines der Teile verliert.

Je nach Alter und Erfahrung gehen Menschen unterschiedlich an ein Puzzle heran: entweder ganz strukturiert oder ganz intuitiv. Kleine Kinder sind beim Puzzeln sehr spontan: da wird dann auch schon mal ein Puzzleteil mit viel Kraft in die vermeintlich richtige Lücke gedrückt.

Die größeren Kinder und die Erwachsenen gehen meist strukturierter vor: die einen legen zuerst den Rand, dann den Rest. Die anderen sortieren die Teile nach Farben oder nach Bild: was vermutlich zum Himmel gehört, kommt auf einen Haufen, was zur Wiese gehört, auf einen anderen. Meist finden sich dabei schon ein oder mehrere passende Teile.
Und dann gibt es die Farbenblinden: für sie ist Puzzeln eine echte Herausforderung einerseits, denn sie haben zum Zusammenfügen eine Dimension weniger als alle anderen. Auf der anderen Seite können die Farbenblinden meist eher die Formen erkennen: dicke Nasen und schlanke Nasen, große Ausbuchtungen, mehr rund oder ziemlich eckig. Dadurch haben sie auf jeden Fall einen Vorteil bei großen farbgleichen Flächen, wie z.B. einem strahlend blauen Sommerhimmel ohne Wolken.

So fügt sich ein Teil zum nächsten – ein großes Puzzle dauert auch schon mal mehrere Tage bis Wochen – je nachdem, wieviel Zeit man investiert.

Und während das Bild - Stück für Stück - Form annimmt, hat man meist den Anfangszustand schon wieder vergessen: die vielen Teilchen in einer Tüte, das reine Chaos.

Dem griechischen Dichter Aristoteles wird der Spruch zugeschrieben:

Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.

Der Haufen Puzzleteile ist nicht das Ganze – aber das fertige Bild ist auf jeden Fall mehr als die Summe aller Puzzleteile.

Ich habe im WWW ein wunderbares Video gefunden - wenn du magst, dann klick auf den Link und sieh dir den Varieté - Künstler Martin von Barabü an, der dieses Bild vom Puzzle auf seine ganz eigene Weise auf unser Leben überträgt. Und freundlicherweise hat er uns erlaubt, sein Video auf unserem Blog zu verlinken! Also: lehnt euch zurück und lasst euch verzaubern von den schönen Gedanken und Klängen und lasst euch verblüffen!


Was für ein stimmiges Bild: unser Leben ist wie ein Puzzlespiel, das sich Teil für Teil zu einem Ganzen zusammenfügt.
Das Puzzle des Lebens zeigt uns aber auch, dass wirklich alles in diesen Rahmen passt, der unser Leben umfasst. Die Schicksalsschläge, die unser Leben durcheinander würfeln, passen genauso in den Rahmen wie die glücklichen schönen Erlebnisse. Und wenn irgendetwas vielleicht nicht auf Anhieb passt, dann können wir diesem besonderen Puzzleteil doch einen Platz in unserem Leben freiräumen. Wir sortieren bei jedem Lebensereignis unsere Puzzlesteine neu und stellen fest: es passt so viel mehr in unser Leben, als wir jemals haben denken können. Am Ende wird sich alles in den Rahmen einfügen.

Die Zeit, bis alles seinen Platz gefunden hat, die erleben wir manchmal als schmerzhaft. Wenn ein Ereignis alles in Frage stellt, wenn nichts mehr zu stimmen scheint – dann verwandelt sich mein so schön geordnetes Lebenspuzzle in ein einziges Chaos, in dem nichts mehr seinen angestammten Platz hat.

Der komplette Lockdown im Zuge der Corona-Pandemie hat bei vielen Menschen solch ein Gefühl des Bruchstückhaften ausgelöst. Jetzt sind seitdem einige Monate ins Land gegangen – es gibt immer mehr Möglichkeiten, sich wieder zu treffen, Kontakte aufzunehmen – und dennoch: wir haben deutlich gemerkt, dass unser gewohntes Leben zerbrechlich ist. Manch einer steht immer noch vor der Kiste mit den Puzzleteilen seines Lebens und versucht, das Verbindende wieder zu finden.

Paulus sagt: Unser Wissen ist Stückwerk.

Und unsere Erkenntnis ist Stückwerk – ein Puzzlespiel. Was heute richtig erscheint, kann schon morgen wieder falsch sein.

Gerade in der Wissenschaft erleben wir genau das: die Erkenntnis über die neuartige Erkrankung Covid 19 setzt sich aus vielen kleinen Teilchen zusammen. Sind es die Aerosole, die uns krank machen? Reicht es, wenn mich jemand anatmet? Werde ich krank, wenn ich eine Türklinke anfasse, die vorher ein Infizierter angefasst hat? Können die Alltagsmasken uns wirklich schützen? Und so weiter. Auf jede dieser Fragen gibt es jeden Tag eine andere Antwort – das macht den Umgang mit dieser Krankheit so schwierig – und gleichzeitig erschwert dieses bruchstückhafte Erkennen dieser Krankheit die Akzeptanz der Anordnungen und der Kontaktbeschränkungen. Es ist möglich, dass wir im Rückblick sagen werden: die Kontaktbeschränken waren unnötig. Aber bei dem derzeitigen Erkenntnisstand sind sie nötig – und so ist unser Wissen Stückwerk und wir erleben das Bruchstückhafte unseres Leben gerade jetzt so schmerzlich.

In unserer Welt haben wir uns daran gewöhnt, dass es auf jede Frage eine ganz klare Antwort gibt. Wenn wir diese Antwort nicht selbst kennen, fragen wir Google. Und genau diese klare Antwort fehlt in Bezug auf Corona. Wer eine klare Antwort im Netz oder sonstwo sucht, wird sie nicht finden. Was wir finden, sind bruchstückhafte Erkenntnisse, hier ein Forschungsergebnis, dort ein anderes.

Diese klare Antwort fehlt aber auch in Bezug auf Gott: wie ist es denn nun mit der Religion? Gibt es wirklich einen Gott? Wie zeigt er sich, wie lässt er sich erfahren, woran kann ich erkennen, dass er bei mir ist? Glauben heißt: nicht wissen – so sagen wir im Volksmund. Und damit sind die Gläubigen gleichzeitig die Dummen, die Nichtwissenden.

Ja, wir erkennen nur stückweise. Jede Erkenntnis über das Wesen Gottes, jede kleine Erfahrung kann schon morgen wieder in Frage gestellt sein. Unser Glaube ist fragil – Stückwerk eben. Aber trotzdem können wir erleben, dass sich Stück für Stück das Puzzle des Lebens und des Glaubens zusammensetzt.

Was heute keinen Sinn zu haben scheint, kann sich schon morgen für uns als gut erweisen.

Ich weiß sowohl von mir selbst als auch aus Gesprächen mit anderen Menschen, dass sich so mancher Schicksalsschlag, so manche Krankheit, so manches Ausgebremstwerden, im Rückblick in etwas Positives verwandeln kann. Mir hat z.B. ein Schlaganfall vor ein paar Jahren die Augen dafür geöffnet, dass Arbeiten nicht alles im Leben sein kann. Mein Körper hat mir entschieden einen Stopp signalisiert – im Rückblick kann ich sagen: jetzt bin ich viel gelassener als vorher. Wie gesagt, im Rückblick. Während der akuten Phase, beim Zurückfinden ins „normale“ Leben habe ich gehadert mit meinem Schicksal und mich in Frage gestellt. Hätte ich bloß… was auch immer. Im Rückblick hat aber auch dieser Schicksalsschlag seinen richtigen Platz im großen Puzzle meines Lebens gefunden.

Und so gleicht unser Leben in dieser Welt und in dieser Zeit einem Puzzle, das wir zusammensetzen, ohne genau zu wissen, welches Bild daraus einmal werden soll. Jetzt erkennen wir stückweise - dann aber werde ich erkennen, gleich wie ich erkannt bin. So führt Paulus diesen Gedanken zu Ende. Im Rückblick, von der ewigen Seite dieses Lebens aus, werden wir das Bild unseres Lebens vollständig sehen. Was jetzt noch wie eine Kiste voller Puzzleteile aussieht, wird dann alles seinen Platz gefunden haben.

Nur einen Satz vorher sagt er aber auch: Die Liebe hört niemals auf!

Wer das Bruchstückhafte des Lebens bei sich und anderen mit Liebe betrachten kann – der ist der Erkenntnis der Ewigkeit einen guten Schritt näher gekommen!
Amen

Wie seht ihr euer Leben? Ergibt für euch das Bild des Puzzles einen Sinn? Wenn ihr möchtet, dann schicke ich euch ein ganz kleines Puzzle, das wir selbst gebastelt haben. Schreibt mir in einer Mail eure Adresse, dann schicke ich das winzige Minipuzzle auf die Reise. - Allerdings erst nach meinem Urlaub...

Ich freue mich, von euch zu hören!

Monika vom Treffpunkt Urlauberseelsorge

 

 

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