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Donnerstag, 14. Mai 2020

Was haben Minze, Dill und Kümmel gemeinsam?

Hallo, Ihr Lieben jenseits des Meeres - und auch ihr hier auf der Insel.

Hier kommt eine Flaschenpost, noch mal über Kräuter. Und ich fange mit einer Frage an euch an: 

Was haben Minze, Dill und Kümmel gemeinsam?

Nichts, wird der Botaniker sagen. Obwohl, vielleicht Dill und Kümmel – die beiden Pflanzen gehören zur selben Pflanzenfamilie: nämlich zu den Doldenblütlern. Minze hingegen ist eine eigene Pflanzenfamilie und gar nicht mit Dill und Kümmel verwandt.

Bergkümmel in unserer
Kräuterspirale

Einiges, wird der Gärtner sagen. Denn alle drei Pflanzen breiten sich dort vehement aus, wo sie sich wohl fühlen. Man muss sie in Schach halten, sonst überwuchern sie in kurzer Zeit ganze Beete. Bei Minze ist das in unserem Klima auf jeden Fall so, Dill und Kümmel haben es gern ein wenig wärmer und breiten sich daher eher in südlicheren Gegenden ungehemmt aus.

Erdbeerminze im Topf - 
um das Wuchern zu unterbinden!

Alles, wird der Theologe sagen. Denn Minze, Dill und Kümmel sind die 3 Kräuter, die Jesus als Beispiel benutzt, um uns klar zu machen, dass eine buchstabengetreue Befolgung eines Gesetzes nicht immer sinnvoll ist.

Matthäus 23, 23:

„Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr den Zehnten gebt von Minze, Dill und Kümmel und lasst das Wichtigste im Gesetz beiseite, nämlich das Recht, die Barmherzigkeit und den Glauben! Doch dies sollte man tun und jenes nicht lassen. Ihr blinden Führer, die ihr Mücken aussiebt, aber Kamele verschluckt.“

Jesus greift in dieser Rede gegen die Schriftgelehrten und Pharisäer die alltäglichen Gewürze Minze, Dill und Kümmel auf, um die Unbarmherzigkeit und Ungerechtigkeit in deren Handlungsweise aufzuzeigen. Jesus rügt die Pharisäer, die zwar eifrig und mit größter Genauigkeit – nach dem damaligen mosaischen Gesetz – den Zehnten von den Kräutern gaben, aber den wichtigsten Teil des Gesetzes dabei vernachlässigen.  Denn der eigentliche Beweggrund des Gebens sollte demnach die Barmherzigkeit und der Glaube sein.

Und was hat diese ganze Kräuterei mit uns, mit mir selbst, mit unserem Leben zu tun?

Ich persönlich muss zur Zeit häufig an diesen Satz aus der Bibel denken, wenn ich beobachte (an mir selbst, aber auch an anderen), wie sehr wir versuchen, unsere neu zurückgewonnenen Freiheiten auszuloten. Was ist erlaubt in diesen Corona-Zeiten? Und was nicht? Wo ist die äußerste Grenze? Die Obergrenze? Die Regierungen geben einiges wieder frei – dann darf ich doch auch…? Kommen dir solche Gedanken bekannt vor? Ein Beispiel: Seit dem vergangenen Sonntag darf man wieder Gottesdienste feiern. Großartig! Dann können wir doch auch den Pfingstgottesdienst Open Air in Nieblum feiern, wie in jedem Jahr! Oder nicht? Nein, es macht keinen Sinn, denn es dürfen sich maximal 50 Personen treffen – und auch nur dann, wenn sie bestimmte Hygiene- und Abstandsregeln einhalten. Zu unserem Pfingstgottesdienst kommen mehrere Hundert Menschen in normalen Zeiten – also nein. Schade.

Aber was ist mit der Gute-Nacht-Geschichte? In kleinem Kreis wenigstens? – Leider im Moment auch nein: denn zu unserer Gute-Nacht-Geschichte kommen ebenfalls immer sehr viele Menschen – das ist fast nicht zu begrenzen. Wen sollte man ausschließen, wenn der Raum voll ist? Das ist das eine – und das andere: wir dürfen weder singen, noch laut sprechen, noch irgendein Blasinstrument spielen, übrigens auch nicht unter freiem Himmel. Ok, Blasinstrument ist bei mir auf jeden Fall keine Option, aber singen und laut sprechen ist schon wesentlich für die Gute-Nacht-Geschichte und für alle anderen Arten von Gruppen-Veranstaltungen. Eine Gute-Nacht-Geschichte ohne Lieder ist echt nur ein schaler Abklatsch des Gewohnten. Und laut reden muss ja auch sein, sonst können uns die Menschen in den hinteren Reihen nicht verstehen. Aber wenn ich schon unbedingt laut reden muss, dann soll ich einen Abstand von mindestens 4 Metern bis zur ersten Zuschauerreihe einhalten, um niemanden anzustecken. So kommt eine Einschränkung zur nächsten – und eigentlich bin ich nie ganz sicher, ob ich alle derzeit geltenden Verordnungen auch einhalte. Ich fühle mich wie die Pharisäer, die noch eine Abgabe auf die eigentlich wertlosen Kräuter Minze, Dill und Kümmel fordern, um dem Gesetz genüge zu tun, aber darüber vergessen, dass der Zehnte dazu gedacht war, die Priester und Leviten zu ernähren, die keinen eigenen Landbesitz hatten. Der Zehnte von Minze, Dill und Kümmel ist absolut übertrieben und erfüllt in keiner Weise den Sinn des Gesetzes.

Welche Veranstaltungen kann ich denn überhaupt anbieten? Wenn ich das Gesetz bis zum äußersten nach dem Buchstaben ausloten möchte, dann messe ich jetzt meinen Veranstaltungsraum aus, lege Eingänge und Ausgänge fest, installiere Desinfektionsbehälter, kontrolliere alle, die reinkommen oder rausgehen, halte Abstand, wasche mir und meinen Gästen häufig die Hände, binde mir eine Maske vor den Mund usw. Und trotzdem könnte ich nicht verhindern, dass mich jemand ansteckt. Oder umgekehrt: falls ich das Virus schon in mir trage, ohne es zu wissen, dass ich jemanden anstecke.

Das ist nicht im Sinne der Verordnungen, die zur Zeit unser Leben so beschränken.

Minze, Dill und Kümmel, das sind die drei Kräuter, die mich im Moment daran erinnern, dass man eher nach dem Sinn der Verordnungen fragen sollte.

Bitte, bleiben Sie gesund! 

Das ist der Segenswunsch unserer Tage. Und das ist auch der Sinn all der Einschränkungen: wir sollen möglichst gesund bleiben. Und das ist im Moment nur mit Abstand zu erreichen.

Bevor wir uns also das nächste Mal darüber aufregen, dass uns irgendetwas untersagt wird, dann denken wir doch ganz kurz mal dran, dass all diese Einschränkungen den Sinn haben, uns selbst und unsere Mitmenschen vor einer Krankheit zu schützen, für die es im Moment weder Heilmittel noch Prophylaxe gibt.

Übrigens: falls Ihr in der nächsten Zeit nach Föhr kommt, dann kommt doch zu unserer Kräuterspirale am Kurgartensaal. Dort wachsen Minze und (Berg-)Kümmel. Wir schneiden euch gerne einen Zweig Minze oder Kümmel ab, die ihr in die Tasche stecken könnt, damit euch der Duft daran erinnert, dass es auch mal Sinn machen kann, nach dem Sinn von Grenzen und Einschränkungen zu fragen, anstatt buchstabengetreu die Gesetzes-Lücken zu suchen.

Ich schließe mich dem Segenswunsch unserer Tage an:

Bitte, bleibt gesund! Und seid gesegnet!

Eure Monika


2 Kommentare:

  1. Sehr gut geschrieben. Ja, wir sollten gut aufeinander aufpassen, damit wir gesund bleiben.Abstand halten, erstrecht von denn, die in dieser Zeit eine Verschwörung sehen. Wir sollten es aus der Sicht der Wissenschaft sehen, dann würden wir es auch verstehen. Ich finde, Du machst den Blog wirklich klasse. Mal kein gejammere, wie schlecht und das im Moment geht. Auch positive Gedanken machen und dass geschenkte Leben mal genießen. Mach weiter so. Danke für Deinen Mut.Bleib behütet!

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    1. Vielen Dank für deine Rückmeldung. Das brauche ich auch ab und zu mal. Hat mir gut getan!
      Monika

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